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Zu Besuch beim Agrargiganten

kalbDie Kulisse war gespenstisch. Im Hintergrund eine ehemalige Scheune am Verfallen davor auf der Wiese etwa zwanzig junge Holsteinkälber, jedes einzeln mit einer kurzen Kette angebunden an einem Pfosten. Ohne Schutz vor Sonne, Wind und Regen versteht sich. Die Anbindehaltung auf der Weide funktioniere bei den jungen Tieren besser, weil sie nicht an den Zaun gewöhnt seien, lautete die Erklärung des argentinischen Milchbauern.
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Und das trifft ganz besonders für die Reise nach Argentinien zu, die ich vor ein paar Wochen machte. Wie viele Loblieder hatte ich über die argentinische Landwirtschaft gehört, die dank ihrer schier unendlichen fruchtbaren Flächen so ressourcenschonend produzieren könne. Rinder, die nur Gras fressen beispielsweise. Doch ausserhalb von Farmen à la Dieter Meier sieht es etwas anders aus: Der Soja-Wahn vertreibt die Rinder von den Weiden in hässliche Feedlots, wo sie mit Mais und Soja intensiv ausgemästet werden. Auch die Milchkühe sind auf zusätzliches Kraftfutter angewiesen, das in Trögen auf dem offenen Feld verfüttert wird. Viele Milchbauern sind eben auch Sojeros, wie die Sojaanbauer genannt werden. Soja rentiert besser als Gras und Milch. Im Land am permanenten wirtschaftlichen Abgrund kämpfen die Bauern mit extremen Exportzöllen und anderen Restriktionen des Staates. Der Soja-Boom und die hohe Inflationsrate lässt die Landpreise explodieren. Deshalb verkaufen viele Bauern an Investoren, die häufig in der Stadt leben, ohne Bezug zur Landwirtschaft. Soja-Monokulturen sind diesen egal, Hauptsache es rentiert. Und für langfristiges Denken geht es den Leuten schlicht zu schlecht. Der argentinische Boden wird deshalb ausgepresst wie eine Zitrone.
Seit dem Besuch beim vermeintlichen Agrargiganten fühle ich mich noch wohler im vermeintlichen «Agrarzwergenland» Schweiz. Mein Fazit: Small is eben doch beautiful. Und: Der Sinn des bäuerlichen Bodenrechts leuchtet mir nun deutlich besser ein.

Dieser Text ist als Kolumne in der Fachzeitschrift Alimenta erschienen.

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