Mehrere Forschungsanstalten sprechen dem digitalen Spaten von Stenon seine Praxistauglichkeit ab, wogegen sich der Hersteller wehrt. Trotz allem gibt es in der Schweiz Gemüsebetriebe, die das Gerät als Unterstützung während der Kulturzeit nutzen.
Die Aussagekraft der digitalen Nährstoff-Bodenanalysen ist in Expertenkreisen umstritten.
Vor zwei Jahren berichtete diese Zeitschrift über den digitalen Spaten FarmLab der Firma Stenon. Mit diesem sollten Gemüsegärtnerinnen und -gärtner verschiedene Nährstoffe, Humusgehalte oder den pH im Boden in Echtzeit bestimmen können. Das StartUp aus Potsdam kämpft seither vor allem mit viel Gegenwind. Gleich mehrere Forschungsanstalten im deutschsprachigen Raum – darunter auch Agroscope – hatten «digital» analysierte Bodenproben mit herkömmlichen Laborresultaten verglichen. Sie kamen zum ernüchternden Schluss, dass das Stenon FarmLab auf den beprobten Böden nicht ausreichend genau arbeite, um verlässliche Aussagen über den pH-Wert und den Gehalt an pflanzenverfügbaren Nährstoffen zu treffen.
Expertenstreit ist im Gang
Die Firma wehrte sich seither unter anderem auch juristisch gegen die Publikation der Untersuchungsergebnisse und bezeichnet die angewendeten Methoden und Verfahren der Forschungsanstalten als untauglich, um einen Vergleich anzustellen zu können. Doch wo liegt eigentlich das Problem? Möglicherweise in der Komplexität der Materie: Es ist bekannt, dass die gleiche Bodenprobe in verschiedenen Labors oft zu Analyseresultaten mit starken Abweichungen führt. Weshalb also sollte man dann mit dem Stenon so streng sein? Das Ganze ist inzwischen in einen Expertenstreit zwischen Hersteller und Forschenden ausgeartet mit stark verhärteten Fronten, wie die Recherchen zu diesem Artikel zeigten. Für ein StartUp ist das eine schwierige Situation, denn die Landwirtschaft gilt als eher «konservativ» und entsprechend zurückhaltend gegenüber noch nicht ausgereiften Technologien. Den Empfehlungen von Forschungsanstalten wird dabei gerne gefolgt. Das ist das harte Brot, dass StartUps zuweilen zu kauen haben.
Das Gerät liefert Anhaltspunkte
Allen Unkenrufen zum Trotz stehen gemäss Angaben der Firma aus Potsdam selbst in der Schweiz bis zu 30 Stenon Farmlabs im Einsatz. Die Firma Agroline vermietet beispielsweise eines an vier Gemüsebetriebe, die sich das Gerät teilen. Einer davon ist Gemüse Käser AG im aargauischen Birmenstorf, wo man das Gerät als Unterstützung während der Kulturzeit verwendet. Gemüsegärtner Roman Käser nutzt den digitalen Spaten dort vor allem für die kurzfristige Abschätzung des Stickstoffgehaltes im Boden mit Gemüsekulturen. Er sieht das Gerät nicht als Konkurrenz zu herkömmlichen Analysen von Bodenproben, die es nach wie vor brauche, um den Zustand der Böden unter Kontrolle zu haben. «Doch bei den normalen Laboranalysen dauert es zu lange, um schnell reagieren zu können», sagt er. Das kann bei Gemüse matchentscheidend darüber sein, ob eine Kultur gelingt oder nicht. Dabei erwartet Roman Käser vom digitalen Spaten gar nicht, dass die ausgespuckten Nmin-Werte auf das Kilo genau stimmen. Das sei auch bei herkömmlichen Bodenproben Illusion. «Doch das Resultat der digitalen Probeentnahme gibt mir einen Anhaltspunkt», sagt er.
Sein Branchen-Kollege Marco Egger aus Bürglen TG verwendet den Stenon ebenfalls in seinen Kulturen. Er ist sich zwar auch nicht so sicher, wie zuverlässig die Werte vom Stenon wirklich seien, was aber bei den herkömmlichen Bodenanalysen nicht anders sei. Er findet aber ebenfalls, dass die Stenon-Werte brauchbare Informationen beispielsweise über die aktuelle Stickstoff-Situation im Boden liefern. Beide Gemüsegärtner hinterfragen weniger die Genauigkeit der Analyse-Resultate, sondern eher die zeitintensive Probeentnahme und den relativ hohen Mietpreis. Ideal wäre ein eigenes Gerät auf dem Betrieb, doch das ist ihnen zu teuer. Wäre es in ihrem Fall nicht möglich, den Stenon jeweils über den Engros-Markt in Zürich untereinander auszutauschen, wäre es logistisch für sie zu aufwändig.
Ob die beiden jungen, technologieoffenen Gemüsegärtner auch im nächsten Jahr mit dem Stenon auf den Feldern unterwegs sein werden, ist noch offen. Auf jeden Fall kann man gespannt sein, ob und wie sich das Gerät weiterentwickelt.
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