Der Biogemüseanbau ist sehr arbeitsintensiv. Doch die Rekrutierung von Arbeitskräften wird immer schwieriger. Der zunehmende Kostendruck in der Branche macht das Ganze nicht einfacher.
In Grossbritannien bleibt das Gemüse auf den Feldern liegen, weil es zu wenig Erntehelfer hat. In Deutschland fehlen polnische Spargelstecher und in Kalifornien mexikanische Salatpflücker. Der Arbeitskräftemangel in der Landwirtschaft ist ein weltweites Phänomen. Wie sieht es in der Schweiz aus? Einheimische seien sowieso schon lange nicht mehr bereit, sich für den relativ tiefen Lohn während bis zu 52.5 Stunden pro Woche über Brokkoli und Salate zu bücken, sagt Biogemüsegärtner Rolf Etter von der Betriebsgemeinschaft Bioleguma in Ried bei Kerzers. Aber auch die Rekrutierung von ausländischen Arbeitskräften werde immer schwieriger. «Obwohl wir in vielen Fällen deutlich mehr bezahlen als der vom Bauernverband vorgegebene Richtlohn von 3270 Franken». Nicht selten wandern ausländische Hilfsarbeiter nach wenigen Monaten von den Gemüsefeldern in das lukrativere Gewerbe ab.
Lohngefälle wird kleiner
Gerade der Biogemüse-Anbau ist besonders personalintensiv. Etter benötigt während der Saison bis zu 90 Arbeitskräfte, die er wie viele seiner Berufskollegen vor allem in EU-Ländern mit tiefem Lohnniveau rekrutiert. Doch das Geschäftsmodell, das primär auf dem Lohngefälle zwischen den Ländern basiert, funktioniert nicht mehr so richtig, weil die Löhne beispielsweise in Polen steigen. Und von dort kamen in den letzten Jahren während der Saison viele landwirtschaftliche Hilfskräfte in die Schweiz. Viele überlegen es sich mittlerweile zwei Mal, ob sie während mehreren Monaten ihre Familien verlassen sollen, um in der Schweiz Unkraut zu jäten. Bliebe die Variante, noch weiter im Osten zu suchen, wo die Löhne wie in der Ukraine bei 200 Franken im Monat liegen. Doch unqualifizierte Hilfskräfte werden seit der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative nur noch aus EU- und Efta-Ländern zugelassen.
Etter muss beobachten, wie langjährige polnische Mitarbeiter, die sich zum zuverlässigen Vorarbeiter hocharbeiteten, zurück nach Hause gehen. Mit mehr Wohlstand steigen auch in Ländern wie der Slowakei die Ansprüche: «Viele von dort sind schlicht nicht mehr bereit, so lange zum vorgegebenen Mindestlohn zu arbeiten», sagt Etter. Mit anderen Worten: Die Arbeitsbedingungen auf den Schweizer Gemüsebaubetrieben sind eigentlich nicht mehr zeitgemäss. Doch der auch beim Biogemüse zunehmende Kostendruck schränkt den Handlungsspielraum stark ein. Etter lacht sarkastisch: «Höhere Löhne sind bei den aktuellen Abnahmepreisen schlicht illusorisch.» Oft stehe er sogar im Wettbewerb zu billigem EU-Biogemüse, das von Arbeitern mit Löhnen von drei bis vier Euro geerntet worden sei. «Leider vergleichen die Abnehmer unsere Preise mit diesem Importgemüse», sagt er. Etter bleibt also nichts anderes übrig, als sich irgendwie mit dem System zu arrangieren.
Rumänen stehen hoch im Kurs
Einen guten Ruf haben in der Branche zurzeit Rumänen, weil im Karpatenstaat die Löhne immer noch relativ tief sind und die Bevölkerung ländlich geprägt ist. Die Bereitschaft für das Arbeiten in der Natur sei deshalb noch eher vorhanden, findet Etter. Er sei deshalb daran, für das nächste Jahr eine Gruppe mit rumänischen Mitarbeitern aufzubauen. Auch bei Hans-Ulrich Müller aus Bibern SO arbeiteten in diesem Jahr erstmals neben acht Polen drei Rumänen auf den Gemüsefeldern. Mit einem war er besonders zufrieden. «Doch leider will der zu Hause selbst Landwirtschaft betreiben und kommt nächstes Jahr nicht mehr.» Er dient ihm nun aber als Vermittler von Landsleuten für die kommende Anbausaison. «Er sagte mir, dass er problemlos Personal für mich finden könne.» Die meisten Gemüsegärtner arbeiten mit solchen Leuten des Vertrauens mit eigenem Netzwerk. «So haben wir einigermassen Gewähr, dass arbeitswillige Leute kommen», erklärt Müller.
Festangestellte ehemalige Asylanten
Doch der Vater-Sohn-Gemeinschaftsbetrieb in Bibern setzt noch auf eine andere Schiene: Acht ehemaligen Asylanten aus Afghanistan und Eritrea sind festangestellt und machten den Betrieb in der Region zum vielbeachteten Vorzeigebetrieb für die Integration von Flüchtlingen in der Arbeitswelt. Seit 2014 macht Müller am Integrationsprogramm für Asylanten mit. In den ersten Monaten arbeiten sie jeweils im Stundenlohn. Wer sich bewährt, kann mit einer Festanstellung rechnen und zum Gruppenchef mit einem höheren Lohn aufsteigen. Doch auch diese Mitarbeiter verfallen den Verlockungen von höheren Löhnen in anderen Branchen. «Ich habe schon einige gute Leute an die übrige Wirtschaft verloren», sagt Müller. Trotzdem setze er weiterhin auf die Asylanten, weil sich diese bewährt hätten.
Mehr Mühe bereitet Müller die Suche eines Betriebsleiters, der künftig seinen Sohn Niklaus entlasten soll. Denn er selbst will sich nächstens in den Ruhestand verabschieden. «Das Problem ist, dass niemand mehr Verantwortung übernehmen will». Es habe Interessenten mit landwirtschaftlicher Ausbildung gegeben für den anständig entlohnten Job. Doch letztlich würden diese lieber bei einem Lohnarbeiter für 3500 Franken in einem klimatisierten, modernen Traktor ihre Runden drehen, sagt er etwas frustriert.
Wie weiter?
Die Suche von arbeitswilligen Leuten wird für Biogemüsegärtner wie Etter und Müller auch in Zukunft anspruchsvoll bleiben. Dazu kommt, dass je nach Kanton deutlich unterschiedliche maximale Wochenarbeitszeiten bei mehr oder weniger gleichem Gehalt gelten: Die Spanne reicht von 45 Stunden in Genf bis 55 Stunden im Kanton Zürich. Es besteht also auch eine Konkurrenz zwischen den Regionen. Etter wünschte sich trotzdem innerhalb der Branche mehr Zusammenarbeit. Beispielsweise mit dem vermehrten Austausch von Arbeitskräften zwischen den landwirtschaftlichen Betrieben. Eine Möglichkeit sieht er in der Schaffung von spezialisierten Equipen. Ein anderer Weg, dem zunehmenden Personalmangel zu begegnen, ist die Automatisierung. Auf der Betriebsgemeinschaft Seeland-Bio in Büchslen BE beispielsweise wird künftig eine Hightech-Maschine mit Hilfe von Photo-Sensoren die Karotten und Kartoffeln sortieren. Anstatt sechs wie bisher, wird es für diesen Arbeitsgang dann nur noch eine Person benötigen.
Ja lieber David wenn du alte GV Protokolle liest ….wird die Schwierigkeiten des Personals seid über 40 Jahren erwähnt ….!
Warum wohl ?
1. Weil die Lebensmittel Preise seid Jahren zu niedrig sind !
2. Der Lohn eines einfaches Gemüsegärtner reicht nicht aus um eine Familie zu ernähren darum steigen viele Schweizer Berufskollegen wieder aus oder bilden sich weiter um einen realen Lohn zu kriegen !
Oder würdest du oder ein R. Bötsch wie auch ein Bösiger für diesen Lohn arbeiten ?
Der Lohn ist Welt weit auf der Landwirtschaft ungerecht !
In Ecuador wo ich Tag täglich verfolge kommen die Menschen aus Kolumbien und Venezuela um zu Arbeiten weil sie in der eigenen Heimat zu wenig verdienen !
Darum sollten die Medien mehr kommunizieren wie hart es ist Lebensmittel zu produzieren !
Und den Medien Aufruf machen das endlich die Produzenten auf die Strasse gehen wie überall in Europa.
Aber die Schweizer sind zu feige ..!