
Bio Suisse schreibt in einer neuen Weisung bis 2024 eine Reduktion auf einen maximalen Anteil von 0,05 Prozent Kunststoff in Kompost vor. Komposthersteller setzen deshalb für die Aussortierung von Plastik viel Personal und teures Gerät ein.
Wenn der Grüngutlastwagen in Pratteln seine Heckklappe öffnet und das eingesammelte Material herauskippt, ist das immer ein bisschen eine Wundertüte. Wie viele Fremdstoffe tauchen heute zwischen den Ästen, verblühten Blumen oder dem Grünschnitt auf? Der Mitarbeiter des Recycling-Unternehmens Leureko AG steht auf jeden Fall mit der Greifzange bereit, um unerwünschte Objekte zu entfernen. Seine geübten Augen entdecken sofort einen Rahmportionenbecher sowie eine Packung mit Gorgonzola-Käse. Am Vortag stiess er auf eine ungeöffnete Packung mit Lachs.

Nur noch kontrollierter Kompost
Rund 50 Tonnen Plastik landen jährlich mit Kompost und Gärgut auf Schweizer Äckern und Wiesen. Leureko-Geschäftsführer Martin Leuenberger ist auch Gärtnermeister und weiss, wie ein brauchbarer Kompost aussieht; Plastik ist darin unerwünscht. Wenn Landwirte bei ihm null Prozent Kunststoffgehalt in seinem Kompost einfordern, erteilt er ihnen sogleich eine Absage: «Dafür ist der Fremdstoffanteil im abgelieferten Ausgangsmaterial schlicht zu hoch». Besonders bei von Privathaushalten gesammeltem Grünabfall, wie er an diesem Tag in Pratteln angeliefert wird, ist dieser erfahrungsgemäss besonders hoch. Trotzdem hat Leuenberger seine vier Kompostierungsanlagen mittlerweile technisch soweit, dass sie die in der Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung (ChemRRV) verlangten Maximalgehalte von 0,1 Prozent Kunststoffen in der Trockensubstanz im Endprodukt problemlos erfüllen. Gemäss Weisung von Bio Suisse dürfen die Verbands-Mitglieder nur noch Kompost, Gärgülle, Gärmist und flüssiges oder festes Gärgut auf ihren Flächen ausbringen, welche diese Anforderungen wirklich erfüllen (siehe Kasten). «Bisher wird die Einhaltung der in der ChemRRV verlangten Maximalwert in der Praxis kaum durchgesetzt», bedauert Leuenberger. Bio Suisse macht diese nun aber verbindlich. Ab nächstem Jahr dürfen Knospen-Landwirte nur noch auf der FiBL-Betriebsmittelliste aufgeführte Produkte verwenden, welche die Einhaltung der Kunststoff-Maximalgehalte mit durchgeführten Analysen dokumentieren können.


Schweres Gerät ist nötig
Entscheidend für die Reduktion von Plastik in Kompost sei die erste Sichtung des abgelieferten Grüngutes, bei der möglichst viele Fremdstoffe aussortiert werden sollen, erklärt Leuenberger. Das alles sei sehr zeit- und personalintensiv. Besonders ärgerlich seien beispielsweise Kaffeekapseln: «Man kann in der Schnelle nicht unterscheiden zwischen biologisch abbaubaren und konventionellen Kapseln». Nach dieser ersten Triage wird das Material in der Lagerhalle in Pratteln in einem Zweiwellen-Langsamläufer Crambo 5000 zerkleinert. Auf dem Rollband gelangt es auf das Sternsieb, das kleine und grobe Fraktionen trennt. Ein Steinabscheider entfernt zuvor die grossen Steine, Metallgegenstände werden von Überbandmagnet eingefangen. Der Haufen mit den grösseren Teilen wird direkt der Kompostierung zugeführt. Das feinere Material wird im Fermenter der Biogasanlage zusammen mit flüssigen organischen Abfällen vergärt. Nach der Vergärung erfolgt die Auftrennung des Gärguts in flüssiges und festes Material. Letzteres erfährt in Pratteln eine sechswöchige Nachkompostierung. «Nach der anaeroben Zeit im Fermenter braucht der Kompost diese aerobe Nachbereitung», erklärt Leuenberger. Das feste Gärgut wird schliesslich je nach Bedarf zu den Leureko-Kompostierungsanlagen nach Leibstadt, Rheinfelden, Riehen oder Spreitenbach transportiert, um dort in drei weiteren Monaten zum Kompost auszureifen.

Windsichtung entscheidend
In den Leureko-Kompostierungsanlagen steht den Mitarbeitern für die Aussiebung eine mobile Dreifaktionen Sternsiebanlage mit doppeltem Windsichtungssystem zur Verfügung. Der Windabscheider trennt die Plastikreste aufgrund der Schwerkraft und sammelt sie in einem Container. Leuenberger ist überzeugt, dass es Kompostierer ohne Windabscheider künftig schwer haben werden, die 0,1 Prozent-Limite einzuhalten. «Erst recht, wenn sie die von Bio Suisse bis 2024 geplante Reduktion auf maximal 0,05 Prozent erfüllen wollen.»
Gewerbliche Grüngutverwerter wie Leureko sind von der Plastikproblematik mehr betroffen als beispielsweise landwirtschaftliche Biogas- oder Kompostanlagen, die nur wenig Material aus den besonders belasteten öffentlichen Grüngutsammlungen verwenden.
Eine von Bio Suisse unterstützte Studie aus dem Jahr 2015 zeigte, dass von 50 Proben Kompost, Gärgut fest und flüssig sowie von Gärgülle nur 37 die Anforderung von maximal 0,1 Prozent Fremdstoffen erfüllten. Letztlich liege es im Interesse des Landwirtes, dafür zu sorgen, dass sauberes Material auf seinem Acker landet, findet Leuenberger. «Wenn Gärgut gratis abgegeben wird, ist sicher schon einmal Vorsicht geboten». Bei ihm bezahlt der Landwirt für den Kubikmeter Kompost ab Platz 1.80 Franken.
Leuenberger pickt einen vergilbten Knospen-Kleber aus dem fertigen Kompost heraus, die an Früchten und Gemüse angebracht sind. «Sie sind etwas vom Schlimmsten, verrotten nicht und lassen sich mit noch so viel Aufwand kaum eliminieren», sagt er. So lange es hier nicht ein Umdenken gebe, sei Zero Plastik in seinem Kompost nicht möglich.

Lieber David
Ein sehr gelungener Artikel, vor allem das letzte Bild gefällt mir sehr.
Gruess ond bliib xsund
Martin