
Am Betriebsleiterseminar in Locarno ging es um Schwarmanwendungen von Geräten auf dem Acker, die Ratlosigkeit bei der künftigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln oder die Suche nach den ultimativen Wünschen des Konsumenten. David Eppenberger
Traditionellerweise gestaltete die Geschäftsstelle des Verbandes Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) den ersten Nachmittag des Betriebsleiterseminars in Locarno. Geschäftsführer Jimmy Mariéthoz schaute auf das Anbaujahr zurück und gewährte gleichzeitig einen Ausblick in die Zukunft (siehe auch Interview auf Seite 10). Die Stichworte dazu: CO2-Abgabebefreiung, Nationaler Aktionsplan Pflanzenschutz, Umsetzung Masseneinwanderungsinitiative oder externe und interne Kommunikation. Danach ging es erstmals an die «Gemüslerbar», wo sich an den Seminaren die Teilnehmer jeweils am Abend zum persönlichen Austausch treffen.

Ob dereinst wirklich einmal Roboter auf den Gemüseäckern Spritz- und Hackarbeiten übernehmen werden ist zwar noch unklar. Dass die Automatisierung aber voll im Gang ist, wurde am Dienstag Morgen klar. Für Beat Hauenstein von der Firma QualiPlant AG war klar: «Die autonomen Jätroboter werden kommen!» Grosse Maschinen würden in ein paar Jahren Schwarm-anwendungen in Form von mehreren kleineren Robotern Platz machen, sagte er. Bereits in Anwendung sind die Greifroboter der holländischen Maschinenbaufirma FTNON mit Standorten in der ganzen Welt. Beim am Seminar präsentierten Eisbergsalat-Entstrunker schiessen fünf Kameras die Bilder, die dem Greifer ermöglichen, am richtigen Ort zu bohren und alle zwei Sekunden einen Salat zu verarbeiten. «10 Mannjahre Softwarearbeit liegen dahinter», sagte Richard van der Linde von FTNON.
Knacknuss Pflanzenschutz
Der Nachmittag widmete sich dann dem weitaus aktuelleren Thema Pflanzenschutz. Joel Meier von Syngenta setzte schon einmal eine Marke: «Im chemischen Pflanzenschutz ist nicht mit neuen Wirkstoffentwicklungen zu rechnen». Für Eva Reinhard, Vizedirektorin im Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), ist klar, dass die Technologiefeindlichkeit der Bevölkerung bewusst gefördert wird: «Wir müssen dieser klar machen, dass das Huhn nicht wie in der Migros-Werbung zu Fuss in die Filiale läuft.» Die heutige Art der Produktion sei ohne chemischen Pflanzenschutz nicht möglich, sagte sie. Zudem bestünden zwischen chemischen und biologischen Pflanzenschutzmitteln nicht immer grosse Unterschiede. «Beide sind letztlich chemische Moleküle», sagte die promovierte Biologin. Sie machte zudem darauf aufmerksam, dass die Risiken um die Hälfte reduziert werden könnten, wenn bestehende Massnahmen konsequent durchgesetzt und kontrolliert würden. Zum Abschluss ihrer Ausführungen lieferte sie den Seminarteilnehmer dann mit der Ankündigung der bei der Bundeskanzlei eingegangenen Initiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» noch einen Primeur, der die Branche in den nächsten Jahren noch stark beschäftigen könnte. Fenaco-Pflanzenbauberater Martin Gertsch schaute in seinem Referat ebenfalls eher skeptisch in die Zukunft: «Mit den Ersatzstoffen für die zurückgezogenen Pflanzenschutzmittel können wir den üblichen Standard nicht halten». Es werde künftig sicher mehr Handarbeit nötig sein.
Podiumsgespräch zum Abschluss
Der Mittwochmorgen widmete sich betriebswirtschaftlichen Themen, wie der unterschiedlichen Besteuerung je nach Rechtsform sowie Versicherungsfragen. Am Nachmittag war Wellness angesagt ehe es am Abend zur Besichtigung der Firma Delea in Losone ging, die nebst Weinen auch Grappa und Aceto Balsamico produziert und verkauft.
Den Abschluss am Donnerstagmorgen bildete das Podiumsgespräch mit dem Titel «Das Gemüsesortiment – wie viel Auswahl braucht der Konsument?» Der Konsument sei von einer zu grossen Auswahl schlicht überfordert und vom Labelsalat sowieso, sagte Gesprächsleiter Mario Spavetti. In der Diskussion wurde dann aber klar, dass eine Produktevielfalt für erfolgreiche Gemüseunternehmen trotz allem sehr wichtig ist. Gemüsegärtner Fritz Meier aus Dällikon stellte fest, dass sein Unternehmen heute wieder mehr verschiedene Gemüse anbaue als vor 25 Jahren. Die Vielfalt liege auch im Handel im Trend, fand Roland Dürrenmatt von Transgourmet Schweiz AG: «Selbst die Harddiscounter haben heute ein viel breiteres Gemüse-Sortiment». Aytekin Colak von der Spar Management AG bestätigte dies: «Bei den Peperoni hatten wir in diesem Jahr 20 Artikel im Angebot, vor fünf Jahren waren es noch 15.» Unbefriedigendes Fazit des Podiumsgesprächs: Es braucht eine Vielfalt, auch wenn der Konsument offenbar damit überfordert ist und auch nicht bereit ist, mehr dafür zu bezahlen.
Das nächste Betriebsleiterseminar findet vom 26. bis 30. November 2017 in Samnaun statt.
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