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Ünique hilft nicht gegen Food Waste

gurkenLustig sahen sie aus, die dreibeinigen Rüebli oder die haarnadelförmigen Gurken, die Coop in diesem Jahr unter dem Label Ünique verkaufte. Die Aktion passte ideal zu den Food Waste Diskussionen, die uns seit Monaten verfolgen. Natürlich handelt es sich vor allem um einen PR-Gag des Grossverteilers. Ich persönlich bezweifle sogar, dass es Ünique-Produkte überhaupt real gibt: In meiner Coop-Filiale – die nicht zu den kleinsten gehört –, habe ich  auf jeden Fall nie eines zu Gesicht bekommen. Egal. Das Thema war lanciert und schwappte sogar über die Grenzen: Tesco in Deutschland lancierte die abnormalen Gemüse und Früchte unter «Keiner ist perfekt», Rewe in Österreich unter «Wunderlingen». Nur: Es ist das falsche Mittel gegen Nahrungsmittelabfälle. Gemüse, das die sonst immer noch geltenden Qualitätsnormen nicht erfüllt, landet schon seit jeher im Futtertrog, in der Biogasanlage oder auf dem Kompost. Weggeworfen wird da gar nichts. Food Waste entsteht vor allem nach dem Kauf der Produkte zu Hause bei den Konsumenten: Sie vergessen es im Kühlschrank oder kaufen zu viel ein. Der britische Detailhändler Tesco fand heraus, dass mehr als ein Drittel aller Salate von den Konsumenten fortgeworfen werden. Besonders erschreckend fiel die Bilanz bei den abgepackten Salaten aus, bei denen offenbar über 70 Prozent im Abfall landet. Genauso wie jedes zweite Brot oder vier von zehn Äpfeln. Gut möglich also, dass auch Ünique-Produkte letztlich im Abfallkübel landen, weil die Abnehmer in der Euphorie zu viel davon gekauft hatten oder weil das Schälen der mehrbeinigen Rüebli dann doch zu mühsam war.

Zurzeit hätten die Ünique-Gemüse übrigens Winterpause, schreibt Coop. In der kalten Jahreszeit stehe keine entsprechende Schweizer Ware zur Verfügung. Keine krummen Rüebli oder Knollenselleriewinzlinge im Lager? Eine seltsame Begründung also. Oder hat es einen anderen Hintergrund? Mich auf jeden Fall würde es nicht überraschen, wenn das Ünique-Label gar nicht mehr erst aus dem Winterschlaf erwachen würde.

Dieser Text ist als Kolumne in der Fachzeitschrift Alimenta erschienen.

Veröffentlicht in Blog

2 Kommentare

  1. FaHe FaHe

    Interessante Aussagen! Mich würde interessieren, ob das Ünique-Label unterdessen wieder aus dem Winterschlaf erwacht ist?

  2. Wolfgang Reuss Wolfgang Reuss

    Herr Eppenberger, ich denke, Sie vermischen da etwas: 1) Dass bei Coop „Ünique“ eher dem Image als dem realen Angebot im Ladenregal dienen mag, könnte sein. Das ist das eine Problem. 2) Das andere Problem – und wohl ein Widerspruch zu 1) – ist Ihre Behauptung: „Gemüse, das die sonst immer noch geltenden Qualitätsnormen nicht erfüllt, landet schon seit jeher im Futtertrog, in der Biogasanlage oder auf dem Kompost. Weggeworfen wird da gar nichts.“, das sehe ich gegenteilig: Erstens finde ich Biogasanlage/Kompost etwa gleichbedeutend mit Wegwerfen, und zweitens wird eh eben doch weggeworfen: Das BAFU schreibt: „In der Schweiz selber fallen jährlich 2,6 Mio. Tonnen Lebensmittelverluste gewogen in Frischsubstanz an. Mindestens zwei Drittel davon sind vermeidbare Verluste, das heisst, die Lebensmittel wären zum Zeitpunkt ihrer Entsorgung und bei rechtzeitiger Verwendung geniessbar. Der Rest sind nicht essbare Teile wie Knochen und Bananenschalen (unvermeidbare Verluste). Verluste im Ausland, aufgrund von importierten Lebensmitteln, sind in den 2,6 Mio. Tonnen nicht inbegriffen.“
    Gemüse/Früchte, die angeblich zu klein, zu gross, zu dünn, zu dick, zu krumm, zu… ich weiss nicht was sind, werden den Bauern offenbar nicht abgekauft – wohin also damit? Das nenne ich Wegwerfen. Auch wenn Sie das anders nennen sollten. Sorry.
    Quellen:
    https://www.openscience.or.at/hungryforscienceblog/gibt-es-normen-fuer-die-kruemmung-von-bananen-und-gurken/
    https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/abfall/abfallwegweiser-a-z/biogene-abfaelle/abfallarten/lebensmittelabfaelle.html

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