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Terrakotta Solardach auf Bauernhaus

Nur dank grosszügigen öffentlichen und privaten Förderungen war das farbige Solardach für Landwirt Alexandre Galley bezahlbar. Es erfüllt nun die hohe Ansprüche des Denkmalschutzes. Ein Solarexperte warnt aber davor, dunkle Dächer auf geschützten Bauten künftig nicht mehr zu bewilligen.

In den meisten Regionen der Schweiz tragen traditionelle Bauernhäuser braune Dächer. Sie prägen das Landschaftsbild schon seit Generationen. Die Energiestrategie 2050 macht einen massiven Zubau von Solarstrom-Anlagen nötig. Ein grosses Potential besteht in der Landwirtschaft. Mit ihren Scheunendächern hätten Bauern die Flächen, um grosse Mengen Strom zu produzieren, sagte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga in einem Interview Anfang Jahr. Das sanfte Terrakotta-Braun könnte deshalb also künftig zumindest teilweise durch strengeres Schwarz abgelöst werden. Doch nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen investieren zurzeit immer noch zu wenig Landwirte in Photovoltaik. Auch emotionale Gründe sprechen dagegen: Viele können sich mit den dunklen in der Sonne spiegelnden Modulen anstatt des gewohnten matten Brauns der Ziegel nicht anfreunden. Zudem sind sie abgeschreckt von unschönen Flickenteppichen von Aufdach-Solaranlagen, die negativ ins Auge stechen. An manchen Orten bestehen zusätzlich Interessenkonflikte bei Anlagen in Zonen, die im Fokus des Ortsbildschutzes stehen. Beispielsweise in Ecuvillens im Kanton Freiburg, wo mitten im Dorf das alte Bauernhaus von Alexandre Galley steht. Doch für ihn wurde eine Lösung gefunden: Sein Solardach hat seine braune Farbe behalten. Doch leisten konnte er sich das nur, weil es als Pilotprojekt von massiven finanziellen Unterstützungen profitierte.

Das Solardach von Landwirt Alexandre Galley war ein Pilotprojekt und profitierte deshalb von grosszügigen finanziellen Unterstützungen. 

Solarstrom in denkmalgeschützter Umgebung

Erfahrungen als Solarbauer hatte der Milchviehhalter bereits. Ausserhalb des Dorfes produziert er auf seinen landwirtschaftlichen Gebäuden seit acht Jahren auf 800 m2 Modulfläche Solarstrom. Als er sich nun 2013 mit der Dachsanierung seines alten Bauernhauses auseinandersetzen musste, hatte er die gleiche Idee. Die Sanierung hätte ihn so oder so 70’000 Franken gekostet. Er fragte sich: Weshalb also nicht von vornherein Solarmodule anstatt Ziegel verwenden? Schliesslich ist das Dach mit seinen 230 m2 perfekt nach Süden ausgerichtet, ideal für Solarstrom also. Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1851. Alexandre Galley bewohnt es mit seiner Familie, im Winter sind noch ein paar Rinder im Stall untergebracht. Da Galley wusste, dass das Ortsbild von Ecuvillens unter Denkmalschutz steht, erkundigte er sich vorab in den dafür zuständigen Amtsstuben, ob ein Solardach überhaupt rechtlich möglich wäre. Dort war man mehr als offen für seine Idee. Ja, mehrere Ämter und schliesslich auch das Bundesamt für Energie (BFE) machten das Bauernhaus kurzum zum Pilotprojekt für solares Bauen unter denkmalgeschützten Umständen. Erst eine Finanzspritze der philanthropisch orientierten Firma Üserhuus AG von 50’000 Franken machte die Finanzierung von über 200’000 Franken letztlich möglich. Die Idee: Das Dach soll seinen Terrakotta-Ton behalten dürfen aber trotzdem Solarstrom produzieren.

Die Photovoltaikmodule in Terrakotta-Farben sind teuer und haben eine tiefere Leistung, sie erfüllen aber die hohen Ansprüche des Denkmalschutzes.

Sehr teure Solarmodule

Es dauerte schliesslich lange vier Jahre, bis das braune Solar-Dach der Öffentlichkeit in einem grossen medialen Rahmen vorgestellt wurde. Weshalb ging es so lange? Das Problem: Es gab zuvor kaum Erfahrungen mit andersfarbigen Solarmodulen. Und die Technologie steht immer noch in den Kinderschuhen. Der ästhetische Aspekt stand im Vordergrund und weniger das wirtschaftliche. Deshalb wurden zuerst während ein paar Monaten neun Testmodule aus verschiedenem Material auf dem Dach montiert. Dabei ging es um Faktoren wie Spiegelung, Erscheinung im Sonnenlicht oder Farbton. Sie sollten den Denkmalschützern als Entscheidungsgrundlage dienen, ob ein solches Projekt überhaupt bewilligungsfähig wäre.

Entwickelt wurde das farbige Modul schliesslich mit Technologie des Schweizerischen Zentrums für Elektronik und Mikrotechnik (CSEM) in Neuenburg von der belgischen Firma ISSOL. Die auf Spezialmodule spezialisierte Firma war bereit, die kleine Menge von Modulen der Fläche von 230 m2 zu produzieren. Zum entsprechenden Preis: über 400 Franken pro Quadratmeter kosteten die Module, mit einer Leistung von 120 Watt/m2. Dabei war von vornherein klar, dass der Stromertrag rund 20 Prozent tiefer als bei üblichen schwarzen Modulen ausfällt. Denn: Je heller die Farbe, desto mehr wird das Sonnenlicht reflektiert und entsprechend wird weniger umgewandelt. Das ist ein Teil des Kompromisses zugunsten des Denkmalschutzes. Der Preis für die farbigen Module ist also sehr hoch. Ein vergleichbares dunkles Modul von 3S Solar Plus AG aus Schweizer Qualitätsproduktion kostet rund 260 Franken und leistet dazu mehr. Ein billiges Standard-Modul aus China gibt es bereits ab 100 Franken. Die braunen «Luxus»-Module in Ecuvillens bestehen aus kristallinen Silizium-Solarzellen, das Glas wurde zuerst mit Terrakotta-Farbe bedruckt und dann gehärtet. Um den Alterungsprozess von Ziegeln nachzuahmen wurde noch etwas schwarz reingemischt. Das Frontglas wurde entspiegelt, damit es keine unerwünschten Spieglungseffekte gibt. Diese zusätzlich nötigen Arbeitsschritte tragen zu den hohen Kosten bei. Zudem ist die Produktion von Kleinserien immer teurer als Massenproduktion.  

Beispiel eines Solardaches, bei dem nur wirtschaftliche und kaum ästhetische Faktoren beachtet wurden.

Mit Solarpreis ausgezeichnet

Alexandre Galley nimmt den dicken Ordner heraus. Er beinhaltet sämtliche Korrespondenz mit Ämtern, Planern, Beratern oder Monteuren sowie eine Menge von Zeitungsartikeln. Auch das Plakat mit dem Solarpreis packt er noch aus, den er für das Dach im Jahr 2018 erhalten hat. Mehr als zwei Jahre nach der Inbetriebnahme zieht er ein positives Fazit. «Das Dach gefällt mir nicht nur äusserlich, sondern es funktioniert auch gut.» Die Anlage liefert etwa so viel Strom, wie vorausgesagt wurde. Im letzten waren es  29’700 kWh Strom. Galleys Eigenverbrauchsanteil ist aber gering. Grundsätzlich gilt, je höher dieser ist, desto rentabler ist eine Solaranlage. Für den abgelieferten Strom erhält er von der group-e bescheidene 9,3 Rappen pro Kilowattstunde vergütet. Bis die Gesamtkosten von über 200’000 Franken amortisiert sind, braucht es theoretisch mehrere Jahrzehnte.

Wie sinnvoll sind farbige Module?

In der Schweiz stehen rund drei Prozent aller Bauten unter Denkmalschutz oder innerhalb eines geschützten Ortsbildes von kantonaler oder nationaler Bedeutung. «Unter normalen Bedingungen kann sich ein Landwirt eine solche Anlage gar nicht leisten», sagt Solarexperte Diego Fischer, der das Projekt in Ecuvillens betreute. Das wäre nur möglich, wenn farbige Module in grossen Mengen hergestellt würden. Davon sei man aber meilenweit entfernt. Die Technologie werde zurzeit – wenn überhaupt – in Prestigeprojekten verwendet, vor allem in Fassaden. Das Projekt in Ecuvillens wecke eigentlich falsche Hoffnungen, sagt Fischer. «Es besteht zudem die Gefahr, dass man dem Denkmalschutz mit solchen Projekten ermutige, dunkle Dächer auf geschützten Bauten nicht mehr zu bewilligen, ohne die wirtschaftliche Komponente zu berücksichtigen.» Schliesslich sei es heute problemlos möglich, «normale» dunkle Module so zu verbauen, dass auch ästhetische Ansprüche gut erfüllt werden könnten.

Das Beispiel der Scheune Schlossguts Meggenhorn zeigt, wie «normale» PV-Module in Bauernhäusern verbaut werden können, die auch ästhetischen Ansprüchen genügen.

Terrakotta PV-Dach lohnt sich

Landwirt Alexandre Galley kann es egal sein: Im Vergleich zur sowieso nötigen einfachen Dachsanierung musste er nach Abzug der Einmalvergütung für die Photovoltaik 30’000 Franken aus dem eigenen Sack bezahlen. In dieser Betrachtung ist für ihn persönlich das Dach in weniger als 15 Jahren bezahlt. Würde er noch mehr Strom selbst verbrauchen, beispielsweise mit einer Wärmepumpe für die Heizung und warmes Wasser, würde es noch schneller gehen. Er selbst heizt das Wohnhaus aber immer noch mit Öl. Nicht einmal den Warmwasserboiler ist auf die Solarstrom-Produktion abgestimmt. Das zeigt: Bei diesem Projekt kam es wirklich nur auf das Äussere an, die Wirtschaftlichkeit spielte keine Rolle. 

Wann lohnt sich PV?
Neben der geografischen Lage oder der Ausrichtung des Gebäudes entscheidet für den wirtschaftlichen Betrieb einer Photovoltaikanlage vor allem in einem möglichst hohen Anteil an selbst verbrauchtem Solarstrom. Es gilt: Je mehr Strom nicht teuer eingekauft werden muss, desto besser. Mit den eingesparten Kosten wird die Anlage amortisiert. Potenzielle Grossverbraucher auf dem Betrieb sind Warmwasserboiler, Wärmepumpen, Melkroboter, Lüftungen, Kühlräume oder Heubelüftung. In Zukunft könnten elektrische Landwirtschaftsmaschinen und -fahrzeuge dazukommen.
https://agrocleantech.ch/de/erneuerbare-energien/sonne.html

Förderungen im Rahmen des Energiegesetzes (EnG)
Das ehemalige System der Kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) wurde mit dem neuen Energiegesetz ab 2018 durch das Einspeisevergütungssystem (EVS) abgelöst. Auch dieses läuft aus. Bis im Juli 2020 werden nur noch 147 Photovoltaik-Anlagen, die bis 30. Juni 2012 angemeldet wurden ins System aufgenommen. Neuanmeldung haben unter den aktuellen gesetzlichen Bedingungen kaum mehr Chancen, ins EVS einzutreten. Alle Neuanlagen können aber von einem einmaligen Investitionsbeitrag in Form der Einmalvergütung (EIV) für kleine (KLEIV) oder grosse (GREIV) Anlagen profitieren. Die EIV setzt sich bei Aufdach-Anlagen aus einem Grundbeitrag (seit 1.4.2020 neu 1’000 CHF) und einem Leistungsbeitrag von je nach Grösse 300 bis 340 CHF pro kWp installierte Leistung zusammen. Bei Indach-Anlagen liegen die Sätze bei 1100 CHF Grundbeitrag sowie bei 330 bis 380 CHF pro kWp Leistung. Diese Beiträge entsprechen ungefähr 20 Prozent der Investitionskosten.
Mehr Informationen: www.pronovo.ch

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