Gemüsegärtner Luca Belossi züchtet seit drei Jahren Schnecken.
Normalerweise sind Schnecken auf Gemüsebaubetrieben unerwünscht. Nicht so beim Tessiner Gemüsegärtner Luca Belossi: Er züchtet Weinbergschnecken für die Verwendung in der Küche und füttert sie mit nicht verkaufbarem Gemüse.
Eigentlich ist Luca Belossi vor allem Gemüsegärtner in Contone TI und das in vierter Generation. Auf einer Hektare Gewächshausfläche wachsen Cherry-Tomaten, im Freiland Kartoffeln, Blumenkohl, Zucchetti und Wirz, dazu produziert er noch Rollrasen. Doch seit drei Jahren gibt es da noch einen weiteren etwas ungewohnteren Betriebszweig: Die Zucht von Schnecken für die Küche. Dabei handelt es sich um ein Herzensprojekt von Belossi. Denn die Weichtiere waren in der Familie schon immer eine feste Grösse in der Küche. «Ich bin mit Polenta und Schnecken aufgewachsen», sagt er. Der Vater erinnert sich noch daran, wie sie als Kinder unter den Bäumen die wilden Weinbergschnecken zusammensammelten, die nachher frisch im Kochtopf landeten. Das ist heute aus Tierschutz-Gründen nicht mehr erlaubt: Heute werden sie im Tiefkühler sanft in den Tod geführt.
Die Schnecken leben auf einer Fläche von 0.5 Hektaren vor dem Gewächshaus.
Informationen vom Institut für Schneckenzucht im Piemont
Schnecken haben im Tessin durchaus eine kulinarische Tradition. Doch die meisten Speiseschnecken kommen heute von weit her aus Zuchten in Indonesien. Eigentlich sollte das doch auch in der Schweiz möglich sein, dachte sich Belossi. Gesagt, getan: Das Rüstzeug holte sich Belossi im Piemont im nationalen Institut für Schneckenzucht von Cherasco (l‘Istituto Nazionale di Elicicoltura), wo er sich mit Informationen zur Zucht und den ersten 25 000 Schnecken eindeckte. Die zu überspringenden Hürden waren vor allem von administrativer Art, weil die Schnecken rechtlich nicht als landwirtschaftliche Nutztiere gelten und deshalb die Zucht in der Landwirtschaftszone eigentlich nicht erlaubt ist. Die Schneckenzucht befindet sich hier in einer Grauzone. Doch eine vom Tessiner Nationalrat Bruno Storni in dieser Angelegenheit eingereichte Motion im Parlament stiess kürzlich im Nationalrat auf breite Zustimmung. Der Bundesrat hat bereits signalisiert, dass er die Gesetze so anpassen werde, damit die Schneckenproduktion in der Landwirtschaftszone künftig möglich wird.
Künftig nur noch die Eier einkaufen
Die Schnecken kriechen in Contone auf einer halben Hektare zwischen Rollrasen und Gewächshaus in abgesteckten Parzellen herum. Nicht verkaufbare Zucchetti werden geschreddert und als Futter verwertet. Dazu kommen andere Gemüseabgänge oder manchmal auch krumme Gurken von Nachbarbetrieben. «Geerntet» werden die Schnecken bis jetzt zwei Mal im Jahr, jeweils im Frühling und im Herbst. Dazu werden Kartons ausgelegt, unter denen sich die Weichtiere festkleben. Die Mitarbeiter trennen hier die erwachsenen «schlachtreifen» Tiere von den kleineren Exemplaren, die in einem frisch eingesäten Abteil landen, wo sie sich weiterentwickeln können. Im ersten Jahr erntete er 1000 Kilogramm Schnecken, im zweiten nach einem Hagelschlag allerdings deutlich weniger. Im Kühlraum werden diese in den vorzeitigen Winterschlaf versetzt, ehe er sie nach Cherasco nach Italien transportiert, wo sie tiergerecht getötet und danach verarbeitet werden. Zurück nimmt er nur die Menge, die er an Private und Restaurants in der Region verkaufen kann. Den Rest verkauft er für 5.50 Euro pro Kilogramm an das Institut, welche die Schnecken weiterverkauft.
Verkauft werden die Schnecken im Glas.
Die Ernte- und Pflegearbeiten sind personalintensiver als er dachte. Deshalb will er künftig die Produktion anpassen und im Frühling in Cherasco nur noch die Eier kaufen, aus welchen dann die Schnecken schlüpfen, sich gleichmässig entwickeln und im Herbst auf einmal geerntet werden können. Rentieren tut die Zucht noch nicht. Der Gemüsegärtner lacht: «Ich bin froh, wenn das Ganze einmal kostendeckend sein wird.» Die Passion steht im Vordergrund und es macht ihn stolz, wenn die Abnehmer die Qualität seiner in einer Salzlösung eingelegten Schnecken loben.
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