Nüsslersalat übersteht Frostperioden problemlos, ist aber sonst empfindlich. Biogemüsegärtner Stephan Müller aus Steinmaur weiss, auf was es beim Anbau ankommt.
Er bringt Farbe in den Wintersalatteller und seinem Nussgeschmack verdankt er den Namen in der Schweiz. Manche verbinden ihn mit Kindheitserinnerungen und Sand zwischen den Zähnen. Doch Letzteres gehört beim Nüsslisalat glücklicherweise längstens der Vergangenheit an.
Biogemüsegärtner Stephan Müller aus Steinmaur ZH setzt in seinen Gewächshäusern und im Freiland jährlich rund vier Millionen Nüsslisalat-Setzlinge. Der auch Nüssler, Feldsalat oder in Österreich Vogerlsalat genannte Vertreter aus der Familie der Geissblattgewächse keimt schon ab 10 Grad, wächst ab einer Temperatur von 5 Grad und bevorzugt Lichtarmut. Diese Eigenschaften machen ihn bei uns besonders interessant für den Anbau im Winter. Zudem ist er anspruchslos und kommt mit wenigen Nährstoffen aus. «Wir pflanzen den Nüsslisalat nach Sommerkulturen wie Tomaten oder Zucchetti», erklärt Müller. Meistens reiche der noch im Boden vorhandene Dünger dieser Vorkulturen aus für den Nüssler. Natürlich werden auf dem nach Bio Suisse Richtlinien zertifizierten Betrieb in Steinmaur nur organische Dünger und biologische Pflanzenschutzmittel verwendet. Krankheiten und Schädlinge kommen beim Anbau von Nüsslisalat auf dem Bauernhof von Müller nur selten vor. Der Gemüsegärnter vermutet weshalb: «Dank unserem gesunden Boden mit vielen Mikroorganismen und gezielten Anbaumassnahmen werden diese ferngehalten». Beispielsweise erfolgt die Bewässerung bewusst nur an Tagen mit Sonne. Damit wird verhindert, dass es im Gewächshaus zu feucht wird und sich Pilze einnisten.
Heizung mit erneuerbaren Energien
Der meiste Schweizer Nüsslisalat wächst heute in Gewächshäusern, die Schutz vor allerlei Wetterkapriolen bieten. Im biologisch bewirtschafteten Gewächshaus darf übrigens auch im Winter nur ein bisschen temperiert werden, um zu verhindern dass die Anlagen einfrieren. Auf dem Bio-Knospe-Betrieb in Steinmaur ist dafür eine umweltfreundliche, klimaneutrale Holzschnitzelheizung installiert. Obwohl der Nüsslisalat auch in Steinmaur vor allem im Gewächshaus angebaut wird, wächst ein kleiner Teil immer noch im Freiland. «Den Freilandnüssler mit seinen grösseren Blattrosetten verkaufen wir vor allem auf dem Wochenmarkt», sagt Müller. Ein kleiner Teil der Kundschaft schwöre auf das «Original». Doch der Detailhandel, wo die meiste Ware hingeht, verlangt die etwas feinere Sorte mit hoher äusserer Qualität. Hier erträgt es kein gelbes Blättchen. Für Müller ist klar: «Im Freiland könnte man die hohen Anforderungen dieser Abnehmer kaum erfüllen.»
Ein zartes Pflänzchen
Die Nüsslisalat-Setzmaschine steht in dieser Jahreszeit in Steinmaur im Dauereinsatz. Stephan Müller schaut kritisch auf die von seinen Mitarbeitern soeben präzis und schnell in der Gewächshauserde gepflanzten Setzlinge: «Diese hier sind schon fast zu gross». Er rümpft die Nase, denn am Schluss bedeute das mehr Schnittaufwand. Je nach Wetter und Jahreszeit braucht der Nüsslisalat fünf bis sechs Wochen bis Erntereife. Rund 200’000 Setzlinge pflanzen Müllers Mitarbeiter jede Woche, um einen regelmässigen Absatz bis Juni zu garantieren. Zwei spezialisierte Unternehmen liefern die Erdtöpfchen mit den jungen Pflänzchen in Bioqualität. «Würden wir auch noch selbst aussäen, wäre das viel zu aufwändig», sagt Müller. Der Aufwand bis die Rosetten abgepackt im Detailhandel oder offen auf dem Marktstand landen ist so schon beträchtlich.
Das beginnt beim Ernten des Nüsslisalates. Kleine gelbe Blätter müssten beispielsweise entfernt werden. «Hier braucht es erfahrene Erntehelfer mit feinen Händchen, die mit dem scharfen Messer entsprechend umgehen können.» Die Blätter reagierten äusserst empfindlich auf Druck. «Deshalb wird jede Rosette einzeln, aufrecht in die Kistchen gelegt», erklärt Müller. Ein Mitarbeiter zieht anschliessend Kiste für Kiste ganz schonend von Hand durch das reinigende Wasserbecken. Natürlich könnte man diesen Verarbeitungsschritt mechanisieren, sagt Müller. Doch das Risiko, dass die Blätter verletzt würden, sei ihm einfach zu gross. Seine Abnehmer verlangten tipp toppe Qualität und eben; ohne jegliche Erdresten, die zwischen den Zähnen landen. Dank dem Anbau mit Setzlingen anstelle der Aussaat direkt im Boden sei dies heute aber mittlerweile kaum mehr ein Problem.
Erst jetzt nach dem Waschen ist der Salat für die Auslieferung bereit. Abgepackt sei er nun bis zu vier Tage haltbar, sagt Müller. Wer es aber ganz frisch will, kauft im eigenen Hofladen ein. Schon am Montagmorgen herrscht dort bereits ein reger Betrieb. An diesem Tag ist Nüsslisalat sogar Aktion: «Wegen des guten Wetters im Herbst, ernten wir zurzeit mehr als sonst üblich.» Das zeigt: Trotz moderner und aufwändiger Anbaumethoden bestimmt hier immer noch die Natur das Tempo.
Der Nüsslisalat gehört zur Unterfamilie der Baldriangewächse. Andere Bezeichnungen sind Nüssler, Feldsalat, Vogerlsalat oder Rapunzel. Die Pflanze stammt vermutlich aus Eurasien, kommt auch wild vor und ist weitgehend unempfindlich gegen Kälte. Nüssler enthält viel Vitamin A und C, sowie Kalium und Eisen. Seine hohen Gehalte an ätherischen Ölen verleihen ihm den angenehmen Geschmack. Die Hauptsaison in der Schweiz ist in den Wintermonaten.
Portrait
Die BioLand Agrarprodukte AG in Steinmaur ZH wird von der Familie Müller geführt. Sie bewirtschaften den Betrieb ganzheitlich nach den Richtlinien von Bio Suisse. Neben vielen verschiedenen Gemüsen werden auch Orchideen produziert sowie Schafe gehalten. Zu den rund 60 Mitarbeitenden kommen noch rund 15 Personen im Rahmen eines Projektes für sozial Benachteiligte. Mehr Informationen: www.mueller-steinmaur.ch
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