Die Bekleidungsfirma Thatsuits berät ihre Kunden zu Hause oder am Arbeitsplatz. Sie verzichtet bewusst auf ein teures Verkaufslokal. Mit Erfolg. Das neuste Produkt: Ein Anzug der vor Handystrahlen schützt.
Ein Anzug nach Mass ist vor allem etwas für wohlhabende Leute. Die anderen kaufen ihn ab Stange. „Diese erkennt man an zu kurzen Hosenbeinen oder zu langen Ärmeln,“ sagt Markus Soltermann. Sein Anzug sitzt perfekt. Massgeschneidert. Und: er kostet nicht mehr als Massenware. Ab 650 Franken ist er zu haben.
Vor drei Jahren gründete Markus Soltermann die Bekleidungsfirma Thatsuits. Der Traum von der eigenen Firma ging damit in Erfüllung. Seither handelt er mit Massanzügen. Allerdings zu Preisen, die sie für jedermann erschwinglich machen. Möglich machen das extrem schlanke Strukturen, keine Lager und die Produktion in Asien. Der erste Gedanke: Wertlose Billigware aus einem Niedriglohnland. Doch spätestens wenn Markus Soltermann seinen Kunden die Ordner mit über 1400 Stoffmustern zeigt, wird klar: Hier ist einer mit Leidenschaft am Werk. Gute Qualität ist Ehrensache, nur Stoffe von bekannten Herstellern kommen für ihn in Frage.
Kein Verkaufsladen
Der eigentliche Geschäftssitz von Thatsuits liegt in einem ruhigen Einfamilienhaus-Quartier in Wallisellen, im Reihenhaus des 38-jährigen Markus Soltermann. Der Chef persönlich empfängt seine Kunden in der Stube auf dem Sofa um Mass zu nehmen. Soltermann öffnet die Kataloge: „Doppelreiher oder Einreiher?“ Aus dem oberen Stock ist das Surren von Nähmaschinen zu hören. Die Wände sind behangen mit asiatischen Gemälden, in der Küche hängt neben der Espresso-Maschine die Skyline von Hong Kong. Arbeitsplatz und Wohnung sind hier eins. „Dadurch lassen sich die Fixkosten tief halten“, erklärt Soltermann. Weshalb viel Geld für Personal und Lokalität bezahlen, wenn sowieso den meisten Kunden die Zeit für den Besuch im Kleidergeschäft fehlt? Deshalb besuchen er oder eine seiner drei angestellten Schneiderinnen die Kunden in der Regel zu Hause oder gleich am Arbeitsplatz und nehmen Mass. Hat sich der Kunde für Schnitt, Farbe und Gewebe entschieden, wird der Stoff direkt beim Lieferanten – sehr oft in Italien -, bestellt. Dieser schickt ihn weiter an die Schneiderei nach China. Vier Wochen nach Bestellung liefern die Thatsuits-Leute den Anzug persönlich aus. Ist der Knopf falsch oder passt sonst etwas nicht, landet das Stück noch einmal bei den Schneiderinnen im Nähatelier in Wallisellen oder an einem der anderen zwei Standorte in Chur und Bern.
Begeisterung für Asien
Weshalb lässt Soltermann in Asien produzieren? Natürlich wegen den tiefen Produktionskosten. Doch nicht nur. Denn der Sohn eines Emmentalers und einer Ghanaerin war schon vor seiner Zeit als Kleiderproduzent viel unterwegs in Asien. Als Projektleiter und Berater für eine IT-Firma. Und schon damals verbrachte der Modefreak die Abende lieber in den Ateliers von befreundeten Schneidern in Hong Kong oder Peking als vor dem Computer. Er – der seine Kindheit in Ghana verbrachte, – ist auf den vielen Reisen zum Asienfan geworden. Zurück in der Schweiz wunderten sich seine Arbeitskollegen dann jeweils über die schicken Kleider, die er da wieder mitgebracht hatte. „Sie waren vor allem von den tiefen Preisen überrascht“, sagt Soltermann. Die Geschäftsidee von Thatsuits war damit geboren.
Thatsuits lässt an Standorten in Hongkong und Peking produzieren. Und Soltermann nimmt es gleich vorweg: „Garantiert keine Kinderarbeit und keine dunklen Keller!“ Seine Qualitätsanforderungen würden das gar nicht zulassen. Zweimal im Jahr sei er vor Ort und kenne die Situation in den Fabriken genau. Neben dem Preis müsse vor allem die Qualität stimmen. Wenn er nur auf den Preis schauen würde, dann müsste er in Vietnam oder Thailand produzieren. Soltermann selber verfügt über keine eigentliche Ausbildung in der Modebranche: „Dafür sind meine Schneiderinnen zuständig.“ Doch wer dem stets adrett gekleideten Mann gegenüber steht, für den ist klar: Er weiss, von was er spricht. Der MBA-Absolvent kümmert sich vor allem auch ums Marketing der Firma. „Small is beautiful“ ist auch hier angesagt: Sponsorings bei der „Mister Zürich“-Wahl und bei einem regionalen Fussballclub sowie Flyer-Aktionen in den Städten. Dazu eine Internetseite. Der wichtigste Marketing-Faktor ist die Mund zu Mund Propaganda. Und die Botschaft von den Leuten, die erschwingliche Massanzüge persönlich in den eigenen vier Wänden präsentieren, verbreitet sich schnell. „In diesem Jahr überschreiten wir die Grenze von einer Million Franken Umsatz“, sagt Soltermann.
Innovationen müssen sein
In der Modebranche ist Soltermann gelandet, weil er darin seine Kreativität ausleben kann. Dabei kombiniert er gerne Mode und Technologie. Zum Beispiel beim „High Tech Suit“, einem Anzug, ausgestattet mit Bluetooth Freisprecheinrichtung für Handys und MP3-Player. Das Modell war bisher wenig erfolgreich: „Ein Flop“, sagt Markus Soltermann. Aber Innovationen sind der Motor von Unternehmen. Deshalb hat er sich vom Misserfolg nicht beirren lassen und in diesem Herbst den „Shield Suit“ lanciert, mit Rundum-Schutz vor Handy-Strahlen. Ein Gutachten der Universität der Bundeswehr in München bestätigt die schützende Wirkung. Das in den Anzug eingenähte Schutzgewebe stammt von der Schweizer Firma Spoerry & Co in Flums. Ist das mehr als nur ein Marketing-Gag? „Das werden wir sehen“, sagt Soltermann. Noch ist der Arbeitstag für ihn nicht vorbei. Zwei Kundenbesuche stehen an diesem Abend noch auf dem Programm. Wenn andere Feierabend haben, geht es für ihn und seine Schneiderinnen manchmal erst richtig los.
Sehr geehrte Damen und Herren
Seit einem guten Jahr verkauft die Firma massanzug-online.ch über’s Internet Massanzüge ab CHF 309.-. Stoffmuster erhält man per Post nach Hause gesandt. Den Stil des Jackets und der Hose kann man bequem von zu Hause aus auf der Seite http://www.massanzug-online.ch bestimmen. Die Masse nimmt man, anhand einer speziell entwickelten Masstabelle, selber. Nach 4-5 Wochen erhält man dann den perfekt sitzenden Massanzug per Post nach Hause gesandt. http://www.massanzug-online.ch