Wärmere Temperaturen und mehr Trockenheit werden ein neue Dynamik in die Entwicklung von Schädlingen und Krankheiten bringen. Voraussagen sind schwierig. Es kommt vermutlich anders, als man heute denkt.
Was bedeutet es für den Anbau von Schweizer Gemüse und den Pflanzenschutz, wenn es künftig wärmer und trockener wird? Forscher gehen in diesem Fall tendenziell eher von einer abnehmenden Bedeutung von pilzlichen Schaderregern aus, dafür könnten tierische Schaderreger wichtiger werden. Allerdings sind die Zusammenhänge äusserst komplex und Voraussagen ziemlich schwierig: Lebenszyklen von Schadorganismen werden sich verschieben, sie werden den milden Winter eher überleben und sich tendenziell schneller entwickeln und mehrere Generationen bilden. Kohl- und Möhrenfliegen beispielsweise dürften ihre erste und zweite Generationen früher im Jahr haben als heute, werden dann aber im Sommer wegen den höheren Temperaturen eine Pause einlegen ehe die dritte Generation im Herbst schlüpft. Zudem entwickeln Pflanzen unter Trockenstress eine gestörte Proteinbildung, die zu erhöhten Werten von Nitrat und freien Aminosäuren im Pflanzengewebe führt, was zu einem stärkeren Schädlings- und Krankheitsbefall führen kann.
Blattläuse bevorzugen warme Temperaturen
Besonders wärmeliebende Schadorganismen wie Spinnmilben-, Blattläuse oder diverse Nematodenarten könnten den Kulturen in einem wärmeren Klima bereits in einem sehr frühen Stadium das Leben schwermachen. Nicht nur die Frass- und Saugschäden an den Kulturen selbst dürften zum ernsthaften Problem werden sondern zusätzlich auch die Übertragung von Viruskrankheiten. Trotz Sommerhitze werden Krankheiten und Pilze also nicht verschwinden: Schadorganismen, die längere Feuchtphasen benötigen, dürften im Sommer aber an Bedeutung verlieren. Dazu gehört beispielsweise bei den Kartoffeln die Krautfäule. Natürlich beeinflussen auch die Menge, die räumliche oder zeitliche Verteilung von Niederschlägen sowie die Luftfeuchtigkeit die Entwicklung von Schadorganismen. Durch die vorausgesagten höheren Niederschläge im Winter bei milderen Temperaturen könnte auch die Wahrscheinlichkeit steigen, dass Pilze überwinternde Schädlinge befallen und so deren Bestände «natürlich» dezimieren. Denn auch die Nützlinge werden sich an das sich ändernde Umfeld anpassen, und davon könnten künftige Gemüseproduzenten profitieren. In Laborversuchen beispielsweise entwickelten Marienkäfer unter höheren Temperaturen deutlich erhöhte Fressleistungen und ein bis zu siebenfach erhöhtes Vermehrungspotenzial. Der Befall von Blattläusen könnte so auch im Freiland künftig sogar im Idealfall natürlich reguliert werden.
Ein fliessender Prozess
Forscher gehen grundsätzlich davon aus, dass sich die Anbauzonen verschieben und viele Schaderreger mitwandern werden. Dazu werden neue Schädlinge einwandern, die sich im wärmeren Klima wohlfühlen. Im schlimmsten Fall verbreiten sie sich invasiv, so wie das beispielsweise bereits in den letzten Jahren bei der eingewanderten Kirschessigfliege in der Schweiz der Fall war. Zudem werden sich bereits bestehende oder zurückgedrängte Schädlinge an die neuen Bedingungen anpassen und ein Revival erleben. Wie sie, passten sich auch Pilze und Krankheiten immer schon an sich ändernde Bedingungen an, wie das in der Natur so üblich ist. Langfristig sind das extrem dynamische Prozesse, die dauernde Anpassungen auch von der Seite der Bekämpfung nötig machen. Vorbeugende Massnahmen im Rahmen der Bodenbearbeitung, Düngung und Fruchtfolge werden hier noch wichtiger werden. n
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