Das Interesse an natürlichen Methoden des Pflanzenschutzes steigt. Einige Gemüsegärtner pröbeln mit Komposttee. Die Anwender des Mikroorganismen-Konzentrats sind überzeugt, dass es damit weniger Pflanzenschutzmittel braucht.
Schaden tun sie wohl nicht, aber nützen sie denn auch? Für die einen Gemüsegärtner sind Biostimulanzien nicht mehr als ein fauler Zauber, andere hingegen schwören auf sie. Klar ist: als Folge der kritischen Diskussionen um den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln steigt das Interesse bei allen Landwirten an möglichen alternativen Lösungen stark an. Auf vielen Betrieben wird herumgepröbelt und nach neuen Wegen im Pflanzenschutz gesucht. Beispielsweise mit dem Einsatz von Komposttee. Der Name sagt es bereits: es handelt sich dabei – vereinfacht gesagt – um in Wasser gelösten Kompost, der mit Mikroorganismen angereichert ist. Unter permanenter Zuführung von Sauerstoff wird dabei Kompost beispielsweise mit Melasse oder Steinmehl in Wasser zum Konzentrat aus nützlichen Bakterien, Pilzen und anderen Mikroorganismen «gebraut». Eine strikte Anleitung zur Herstellung von Komposttee gibt es nicht. Vor allem im Privatbereich verwenden deshalb viele ihre eigenen Rezepte. Die Firma Edapro aus Wädenswil entwickelte ein standardisiertes Mikrobensubstrat und die dazu passende Nährlösung für die regelmässig Anwendung auf grösseren Flächen in der Landwirtschaft.
Halbierung des Pflanzenschutzes
Der auf Pflanzenschutzapplikationen spezialisierte Lohnunternehmer und Landwirt Christian Müller aus Wartau SG arbeitet seit einem Jahr intensiv mit Komposttee, den er selbst herstellt nach dem Rezept der Bodenexpertin Ingrid Hörner. «Ich gehe davon aus, dass man dank dem Komposttee auf fünfzig Prozent des chemischen Pflanzenschutzes verzichten kann», sagt Müller. Bei Zwiebeln ersetzte er Fungizide durch den Komposttee und machte gute Erfahrungen damit. Aber natürlich gehe das nicht in jedem Fall, beispielsweise wenn die Zwiebeln bereits mit falschem Mehltau befallen seien. Ziel sei es, dass die Kultur dank den zugeführten Mikroorganismen bereits vorab genug Vitalität entwickelt, um solche Bedrohungen abwehren zu können, erklärt Müller. Er beobachtet, dass die Pflanzen mehr Wurzeln entwickeln und dadurch besser an die Nährstoffe im Boden herankommen. «Deshalb sollte man die Düngergaben reduzieren.» Je nach Zustand der Kultur und des Bodens sind mehrere Gaben von Komposttee nötig. Müller führt bei den Kulturen Blattsaftanalysen durch, in denen er die Gehalte von Nitrat, Kali, pH, Calcium und Natrium bestimmt. Dazu misst er den Brix-Wert. «Diese Daten zeigen mir, wie vital die Pflanze ist». Entsprechend passt er die Gaben an.
Das Interesse der Gemüseproduzenten in der Region sei recht gross, im letzten Jahr behandelte er über 200 Hektaren mit Komposttee, unter anderem Chicoree-Wurzeln, Zwiebeln, Kartoffeln und Getreide. Obwohl sich das Verfahren auf jeden Fall positiv auf das Bodenleben auswirke, erfordere das Ganze ein Umdenken bei den Betriebsleitern, sagt er. «Pflügen und düngen wie vorher geht nicht mehr.» Man müsse sich mit den Ideen der regenerativen Landwirtschaft auseinandersetzen, die viel mehr mit dem Boden arbeitet und auf hohe Humusgehalte hinarbeitet.
Komposttee-Tankstelle
Auch Biogemüsegärtner Peter Zurbuchen aus Lippoldswilen experimentiert seit diesem Jahr intensiv mit Komposttee in seinen Karotten, Kohl und Sellerie. Er hat sich dazu eine eigene «Tankstelle» eingerichtet, von der auch Kollegen profitieren können. Das Mikrobensubstrat und die Mikrobennahrung bezieht er bei Edapro. Zurbuchen appliziert den Sud mit einer normalen Pflanzenspritze. Ganz billig ist das Verfahren übrigens nicht. Er rechnet insgesamt mit Kosten von rund 150 Franken pro Hektare und Gabe. «Diese Kosten nimmt man nur auf sich, wenn es sich lohnt», sagt er. Davon ist er aber überzeugt.
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