Dank einer raffinierten technischen Erweiterung verdoppelt die «Sortop Carrots» ihre bisherige Sortierleistung bei den Karotten. Die zündende Idee dazu entstand in einer Wurstfabrik. Umgesetzt wurde sie während des Corona-Lockdowns.
Besser, schneller, günstiger. Diese Maxime dominiert seit Jahren die Gemüsebranche. Auf dem Acker stösst sie längstens an ihre Grenzen. Auf den nachgelagerten Stufen sind aber Effizienzsteigerungen immer noch möglich. Das zeigt die Westschweizer Firma Visar Sorting in Oppens VD. Vor zehn Jahren brachte sie mit der «Sortop Carrots» ein Karotten-Sortiersystem auf den Markt, von dem seither über 170 Stück auf allen Kontinenten verkauft worden sind, mittlerweile auch zur Sortierung von Kartoffeln. Die intelligente Software mit raffinierter Kameratechnik ermöglichte eine zuvor nie gesehene präzise Sortierung in grosser Geschwindigkeit und das mit viel weniger Arbeitskräften. Eine Person für die Überwachung der Maschinen reicht aus. «Dank künstlicher Intelligenz erkennt die Anlage die Qualitätsunterschiede besser und dazu viel schneller als der Mensch», erklärt Firmenmitbegründer Daniel Pitton. Alleine bei Karottenproduzenten in der Schweiz stehen mittlerweile 25 Maschinen im Einsatz. Der ehemalige Bauernhof von Daniel Pitton in der 200-Seelen-Gemeinde Oppens wurde seither zum modernen Produktionsstandort ausgebaut, wo nun 25 Leute arbeiten, darunter hochqualifizierte Ingenieure, CAD-Zeichner, Konstrukteure oder Automatiker.
Noch mehr Leistung wird verlangt
Rund zwei Tonnen Karotten pro Stunde schaffte die «Sortop Carotts» bisher. Mit dem Erfolg stiegen aber die Ansprüche und der einzige namhafte Mitbewerber aus Dänemark sorgte zunehmend für Preisdruck. «Lange konnten wir den höheren Preis mit der besseren Qualität beim Sortieren rechtfertigen», erklärt Daniel Pitton. Die Kundschaft hätte aber immer noch mehr Leistung und Qualität gefordert. Das Team in Oppens machte sich deshalb zwar seit längerem Gedanken, wie die Anlage weiter optimiert werden könnte. Schliesslich war es aber ein Kunde in Frankreich, der die zündende Idee lieferte. Er berichtete von einer Wurstverarbeitungsanlage, die mit einem Trommelsystem funktionierte, welche möglicherweise auch für Karotten geeignet wäre. Zu Beginn hätten sie nicht geglaubt, dass so etwas mit Karotten funktionieren könnte, sagt Pitton. Trotzdem überzeugte ihn den Gedanken, dass die Nutzung der Zentrifugalkraft sie weiterbringen könnte. Ein weiterer Zufall brachte ihn schliesslich zu einem holländischen Kollegen, der bereits ein Prototyp mit einem ähnlichen Prinzip entwickelt hatte, das aber in der Praxis nicht funktionierte. Pitton erkannte das Potenzial, kaufte ihm die Konstruktion ab und brachte sie in seine Werkstätten in die Westschweiz zur Weiterentwicklung.
In wenigen Monaten marktreif
Der Corona-Lockdown im Frühling stellte sich schliesslich für die international ausgerichtete Firma als Glücksfall heraus. Daniel Pitton und seine Kreativabteilung hatten bei geschlossenen Grenzen plötzlich unverhofft Zeit, um die Idee zur Praxisreife zu bringen. In wenigen Monaten entwickelten die Leute von Visar Sorting ein einfaches, aber ausgeklügeltes rotierendes Trommelsystem, welches durch die Ingenieure so weiterentwickelt wurde, dass die Karotten in einer Reihe und nicht mehr zwischendurch doppelt durchs System «schlüpfen» konnten. Die Entwicklung sei ein Quantensprung, sagte Pitton. «In der gleichen Zeit wie vorher kann die Anlage nun viel mehr Karotten in besserer Genauigkeit sortieren». Weil die Anlage dadurch kaum teurer wie bisher wird – der Stückpreis beläuft sich auf rund 213 000 Euro –, halbieren sich die Kosten pro Karotte für die Sortierung. «Anstatt zwei Tonnen pro Stunde schafft die Anlage nun vier Tonnen.» Seit September werden bestehende Anlagen mit dem neuen System aufgerüstet, die Nachrüstung kostet 48 950 Euro. Eine Investition, die sich offenbar für die Kundschaft lohnt: «50 Stück wurden bereits bestellt», sagt Pitton. Neue «Sortop Carrots»-Anlagen werden nun nur noch in der neuen «Revolution»-Version verkauft. Vor Kurzem verliess eine solche Anlage die Werkstätten in Richtung Tasmanien. Daniel Pitton ist überzeugt, dass das System mit der Leistungssteigerung nun auch preislich wieder mehr als konkurrenzfähig und damit gut für die Zukunft gerüstet ist.
Das Interesse an der «Sortop Carrots» sei in den letzten Monaten auch sonst deutlich gestiegen. Pitton führt dies auf die zunehmende Knappheit von günstigen Arbeitskräften zurück. «Gerade während des Lockdowns haben die Firmen konkret zu spüren bekommen, was das bedeuten kann». Als nächster Schritt steht nun die Weiterentwicklung des Systems für die Kartoffelsortierung an. Pitton schaut zuversichtlich in die Zukunft: «Mittelfristig arbeiten wir an der Ausweitung der Anwendung auf andere Produkte beispielsweise für Minigurken, Pastinaken oder Süsskartoffeln.
So funktioniert es
Bei der optischen Sortierung der vollautomatischen «Sortop Carrots Revolution» erkennen hochauflösende Kameras (0.16 mm2) kleinste Flecken und Schäden bei Karotten und bestimmen das Gewicht auf das Gramm genau. Die Maschine kann alle Formen von Karotten mit einem Durchmesser zwischen 10 und 80 mm sowie einer Länge von zwischen 25 und 400 mm sortieren. Pro Sekunde werden Karotten in einer Reihenlänge von 1,95 Metern «verarbeitet». Damit lässt sich das Gewicht pro Stunde (x 3600 Sekunden) berechnen. Je nach Kaliber variiert das bei Snack-Karotten von 1,5 bis 7 Tonnen bei Industriekarotten. Bei «normalen» Karotten für den Frischmarkt kommt die Anlage auf vier Tonnen pro Stunde. Die Karotten werden in vom Kunden vorgegebenen Qualitätskriterien in bis zu sechs Kategorien sortiert.
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