Markttrends frühzeitig zu erkennen ist für die Gemüsegärtner die Herausforderung. Viele Trends kommen und gehen, nur wenige bewahrheiten sich auch langfristig. Gut für die Branche ist aber, dass Gemüse in vielen Trendreports vorkommt.
Es gibt gute Nachrichten! Das Gemüse übernimmt ab nächstem Jahr die Hauptrolle auf dem Teller. Das schreibt zumindest das deutsche Zukunftsinstitut in seinem aktuellen «Food Report 2018». Doch was ist grundsätzlich von solchen Aussagen zu halten? Potentielle neue Produkte oder Trends schwirren immer wieder durch die Branche. Zurzeit sind es beispielsweise gerade die Wassermelonenradieschen, mit denen offenbar einige Gemüsegärtner pröbeln. Ein anderes aktuelles Beispiel sind die Micro Greens, bei denen nur die ersten Blätter der Gemüse geerntet werden und die vor allem in der Gastronomie gefragt sind. Typisch ist allerdings auch, dass niemand gerne über solche «zukünftigen Renner» spricht, weil man möglichst lange Alleinanbieter sein möchte und oft auch schon entsprechend hohe Investitionskosten für die Lancierung getätigt hat. Vor allem die innovativen Gemüseproduzenten sind dauernd auf der Suche nach neuen Strömungen und Marktchancen. Nicht selten erfährt man von solchen übrigens zufällig, beispielsweise bei einer Rauchpause an der Fruit Logistica in Berlin, so geschehen beim Flower Sprout.
Federkohl-Hype bereits vorbei?
Trends zu erkennen ist eine Kunst und oft auch Glücksache. Sie werden zudem nicht selten von Redaktionen herbeigeschrieben. Demnach müsste sich eigentlich gefühlt die halbe Schweiz vegan ernähren, obwohl es in Wirklichkeit gerade einmal drei Prozent sind. Oder nehmen wir den Smoothie, das Mixgetränk aus Obst und grünem Blattgemüse: Wie viele Leute kennen Sie, die solche tatsächlich trinken? Wie viel wurde über die sogenannten Superfoods geschrieben, zu denen insbesondere in der Kategorie «Green Foods» auch viele grüne Gemüse zählen. Auf die Entwicklung der Anbauflächen hat sich dieser Trend auf jeden Fall nicht spürbar ausgewirkt.
Regionalität als Megatrend
Der britische «Waitrose Food & Drink Report» erkannte für dieses Jahr ein Mainstreampotential für Joghurt, das neben Früchten mit Gemüse verfeinert wird. Nicht mehr als ein paar Kisten Randen dürften zu diesem Zweck in Schweizer Joghurts gelandet sein. Der Federkohl wäre in dieser Kategorie wohl auch zu nennen, obwohl der Anbau in der Schweiz in kurzer Zeit tatsächlich auf 15 Hektaren im letzten Jahr angestiegen ist. Doch wenn man sich in der Branche umhört, ist selbst hier der Zenit offenbar bereits überschritten. Besser sieht es möglicherweise für Süsskartoffeln (siehe Seite 27) aus, bei denen die Nachfrage insbesondere nach inländischer Ware auch in anderen europäischen Ländern stark wächst. Hier spielt zudem ein Trend mit, der sich als einer der wenigen in den letzten Jahren wirklich bestätigt hat: Der Wunsch nach Produkten aus der Region. Die Regionalität gilt als einer der Megatrends in der Lebensmittelbranche.
Blumenkohl ein Trendprodukt?
Wer es weniger mit Blicken in die Kristallkugel oder herbeigesprochenen temporären Hypes hat, dem bieten sich die Betrachtung von harten Fakten an, wie beispielsweise Grafiken über die Entwicklung der Gemüse-Anbauflächen. Demnach ist der Kopfsalat der grosse Verlierer der letzten Jahre. Seit fünf Jahren auffallend steigend auf einem ansprechenden Niveau sind die Flächen in der Schweiz bei Speisekürbissen, Brokkoli und Blumenkohl. Das passt zu Berichten von internationalen Foodbloggern, die den Blumenkohl bereits als den neuen Federkohl feiern, und der nicht nur in der Spitzengastronomie eine Renaissance erlebt. Womit wir allerdings bereits wieder bei weichen Fakten angelangt wären.
Manchmal lohnt sich auch ein Blick in andere Länder, um mögliche Marktentwicklungen zu erkennen: Hier fällt beispielsweise der Spinat in Grossbritannien auf, der mit einer Zunahme der vermarkteten Menge um fast 30 Prozent im letzten Jahr aufhorchen lässt. Im gleichen Jahr wurden in diesem Land zudem über zehn Prozent mehr Blumenkohl verkauft. Das spricht also auch hier für ein Comeback des Blumenkohls.
Gemüse ist in aller Munde
In Anlehnung zu «Nose-to-Tail» bei den Fleischessern formiert sich nun die «Leaf-to-Root»-Bewegung. Diese zelebriert die Verwendung aller Pflanzenteile in der Küche – bei den Karotten beispielsweise auch das Kraut. Weitere Berichte über Strömungen wie Urban Gardening, Vertragslandwirtschaft, Veganismus oder neue Superfoods betreffen die Schweizer Gemüsegärtner zwar nicht unmittelbar. Doch profitiert die Branche indirekt als Ganzes, wenn frisches Gemüse thematisiert und in einem guten Licht dargestellt wird. Der «Food Report 2018» schreibt zudem, dass Studien gezeigt hätten, dass in Regionen mit vielen lokalen Anbietern und einem reichhaltigen Sortiment mehr Gemüse konsumiert wird.
Auch bekannt ist, dass nur ein Bruchteil der Konsumenten gerne Salat wäscht und die Rüstreste in die Grüntonne wirft. Das deutsche Zukunftsinstitut glaubt deshalb, dass sich der Markt für vorgewaschene Salate, fertig geputzte und geschnittenes Frischgemüse und überhaupt das Angebot mit einfach zu verarbeitendem Gemüse sehr positiv entwickeln wird.
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