Die Bewässerungstechnologie wird immer präziser. Doch einfache Standardlösungen gibt es nicht. Denn jeder Betrieb habe seine eigenen Bedürfnisse an die Bewässerung, sagt der Experte Dr. Tino Mosler.
Interview: David Eppenberger
Herr Mosler*, in welche Richtung entwickelt sich die Bewässerungstechnologie?
Die Techniken werden präziser. Es wird sparsamer mit der Ressource Wasser umgegangen und deshalb auch mit dem Dünger, der ja mit der Bewässerung zusammenhängt. Letztendlich geht es in unseren Gefilden vor allem um die Einsparung von Energie zur Wasserbereitstellung. Gerade in Deutschland sind die Energiekosten in den letzten Jahren sehr stark angestiegen.
Wird eher zu viel oder zu wenig bewässert?
Meine Erfahrung zeigt, dass in 80 bis 90 Prozent der Fälle zu viel bewässert wird. Grundsätzlich herrscht immer noch oft die Meinung vor, dass viel auch viel hilft. Was aber natürlich in diesem Fall nicht stimmt.
Welchen Fehler machen Gemüsegärtner bei der Bewässerung besonders oft?
Zu hohe Einzelgaben trifft man in der Praxis sehr oft an. Insbesondere bei den Tropfbewässerungen, die dann zu lange am Stück laufen. Damit wird zu viel Wasser unter den Hauptwurzelraum geführt, wo es Nitrat transportiert, das der Pflanze dann aber nicht mehr zur Verfügung steht. Schlussendlich landet das Nitrat im Grundwasser. Der Zusammenhang zwischen zu viel Bewässerung und Düngerauswaschung ist nicht überall bekannt, er wird heute aber zunehmend in den Fachschulen erklärt.
Grosse Beregnungskanonen scheinen mir besonders ineffizient mit dem Wasser umzugehen. Stimmt das?
Im Vergleich mit der Technik der Tropfbewässerung oder Minisprinkleranlagen stimmt das schon. Von der Wasserausnutzung oder der Sparsamkeit mit dem Wasser sind diese ganz klar im Vorteil. Wenn mit der grossen Beregnungskanone am Tag bei heissem Wetter und Wind beregnet wird, gehen durch Verdunstung bis zu 40 Prozent des Wassers verloren. Trotzdem dürfte eine zu häufige Beregnung bei diesen Anlagen in der Praxis nicht so häufig vorkommen, weil jede Wassergabe durch das Versetzen der Beregnungsmaschinen arbeitsintensiv ist und damit auch hohe Kosten verursacht. Ein Gemüseproduzent überlegt sich deshalb gut, wo er die Anlage bei Trockenheit nun am besten hinstellt. Er beginnt sicher bei der Kultur, die es am nötigsten hat.
Besser wären also fix installierte Anlagen. Wie häufig sind diese in der Praxis?
Das ist regional sehr unterschiedlich und auch abhängig davon, ob schon ein Ringleitungssystem besteht. In Deutschland ist dies in der Pfalz oder in Südhessen der Fall, wo überall an den Flächen Hydranten stehen. Dort kann man einfach seine Anlage anschliessen und den Hahn öffnen. In Regionen ohne eine solche Infrastruktur, wo das Wasser mit einer Pumpe zugeführt werden muss, sind fixe Anlagen eher die Ausnahme.
Fest installierte Anlagen wären aber schon idealer?
Vor allem von der Arbeitswirtschaft her sind sie deutlich vorteilhafter. Insbesondere bei grosser Trockenheit, wenn man jederzeit beregnen kann, wo es nötig ist. Kommt dazu, dass bei Tropfbewässerung gleichzeitig Pflanzenschutzmassnahmen durchgeführt werden können und das Blattwerk dabei nicht nass wird. Gegen fixe Anlagen spricht aber, dass diese beim Start der Kultur installiert werden müssen, die Kosten also auf jeden Fall auftreten. Das ärgert einen natürlich, wenn es ein feuchtes Jahr ist und man die Anlage nur ein- oder zweimal laufen lassen muss. Die Beregnungsmaschine hingegen könnte in diesem Fall einfach in der Halle stehen gelassen werden und verursacht ausser der Abschreibung keine Kosten.
Tropfbewässerung in Freilandkulturen dürfte auch deshalb noch nicht so häufig vorkommen?
Wenn man die Gesamthektarzahl betrachtet stimmt das vielleicht. Trotzdem hat sich die Tropfbewässerung in den letzten 20 Jahren sehr stark ausgebreitet, insbesondere bei Kulturen wie Einlegegurken oder Zucchini, wo ein gewisser Produktionswert dahintersteckt.
Sensoren spielen eine Schlüsselrolle bei der präzisen Bewässerung. Gemüseproduzenten in der Schweiz, die mit dem System Plantcare arbeiten (siehe Artikel auf Seite 6) brauchen deutlich weniger Wasser, haben gesündere Pflanzen und teilweise sogar höhere Erträge.
Das überrascht mit nicht. Das ist ein typischer Effekt, der auftritt, wenn ein Betrieb von gefühlter auf die objektiv gesteuerte Bewässerung umstellt. Das untermauert eigentlich meine Aussage von vorher, dass in der Regel zu viel bewässert wird. Das liegt übrigens auch daran, weil das Wasser als solches bei uns ja im Vergleich zu Spanien oder Nordafrika nicht knapp ist. Die gesünderen Bestände sind eine direkte Folge davon, dass keine wassergesättigten Verhältnisse im Boden mehr vorherrschen. Bewässert man nämlich zu viel, bilden die Pflanzen kein vernünftiges Wurzelwerk. Die Pflanze kann dann gar nicht genug Wasser aufnehmen. Auch deshalb ist eine gesteuerte Bewässerung wichtig.
Der Hersteller des Plantcare-Sensors sagt, dass der Vorteil seines Produktes darin liege, dass er intelligent sei und die Wassergabe der Entwicklung der Wurzel laufend neu anpasse. Wie machen das die anderen Sensoren?
Dieser könnte einen elektrischen Kontakt schalten, der die Wasserausgabe auslöst, sobald die Saugspannung einen bestimmten Schwellenwert überschreitet. Eine andere Herangehensweise ist die, dass man die Ventile mit einem Bewässerungscomputer schaltet. Praktisch alle Bewässerungscomputer verfügen über einen Sensoreingang. Dabei programmiert man möglichst viele Wassergaben ein. Das System fragt dann jedes Mal beim Sensor nach, ob der Schwellenwert erreicht ist. Nur in diesem Fall gibt das System die Wassergabe frei, ansonsten wartet es auf die nächste Startzeit. Plantcare funktioniert auch in dieser Art.
Gibt es den idealen Bewässerungs-Sensor?
Ich denke eher nicht. Entscheidend ist, dass man die Messtechnik an die Betriebssituation, das vorhandene Know-how, die finanziellen Mittel und natürlich auch die Arbeitswirtschaft anpasst. Auch der Wert der Kultur spielt eine Rolle und wie diese angebaut wird. Die Verkaufspreise bleiben zudem heute ja eher konstant, bei allerdings steigenden Energie- und anderen Inputkosten. Das Bewässerungssystem muss man deshalb immer individuell anpassen.
Dr. Tino Mosler ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Beregnung und Inhaber eines Beratungsbüros in Berlin mitSchwerpunkt Bewässerung. Darüber hinaus ist er Geschäftsführer der Fa. MMM tech support GmbH & Co KG.
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