Ettiswil Neues Blockheizkraftwerk wird mit gebrauchtem Speiseöl betrieben
Die Grastrocknungsanlage Grasag AG in Ettiswil geht neue Wege: Ein neues Blockheizkraftwerk, das mit gebrauchtem Speiseöl aus der Gastronomie läuft, trocknet nicht nur Gras, sondern produziert nebenbei auch Ökostrom.
Seit Mitte Mai macht einmal wöchentlich ein ganz besonderer Tanklastwagen bei der Grastrocknungsanlage in Ettiswil Halt. Die Fracht besteht aus aufbereitetem Altspeiseöl, welches für das kürzlich in Betrieb genommene Blockheizkraftwerk bestimmt ist. Mit dem gebrauchten Pflanzenöl aus der Lebensmittelindustrie wird ein Motor betrieben, der Wärme und Strom für die Grastrocknungsanlage erzeugt. Dass eine Wärme-Kraft-Kopplungsanlage mit altem Speiseöl aus Gastronomie und Lebensmittelindustrie betrieben wird, ist in der Schweiz einzigartig. Die umgebaute Schiffsdieselmaschine liefert nicht nur Elektrizität und Wärme für den eigenen Betrieb. Über die Hälfte des erzeugten Stroms fliesst ins regionale Verteilnetz und wird als Ökostrom verkauft. Dass das Pionierprojekt überhaupt realisiert werden konnte, liegt am Durchhaltewillen der Initianten sowie einem Investor aus der Elektrizitätsbranche.
Das Ziel: Stromkosten senken
Das Kerngeschäft der Grasag liegt seit über 40 Jahren bei der Trocknung und Verarbeitung von Gras, Mais und Getreide zu hochwertigen Futtermitteln für die Landwirtschaft.
Dass die Firma nun noch zum Stromlieferanten geworden ist, verdankt sie vor allem dem Verwaltungsrat Herbert Vonwyl sowie Betriebsleiter Kilian Bossard und dessen Mitarbeiter Hans Schütz. Diese suchten ursprünglich nach Wegen, die Stromkosten zu reduzieren und die durch die speziellen Tarife notwendig gewordene, ungeliebte Nachtarbeit zu vermeiden. Als die drei vor über drei Jahren erstmals ernsthaft nach Lösungen suchten, dachten sie noch nicht im Entferntesten daran, dass sie dereinst Ökostrom ins Netz der Centralschweizerischen Kraftwerke (CKW) einspeisen würden. «Ganz am Anfang versuchten wir direkt mit der CKW Lösungen zu finden, wie wir günstiger zu unserem Strom kommen könnten», erzählt Herbert Vonwyl. Sie stiessen dabei aber beim Elektrizitätsanbieter auf Granit. In der folgenden Phase setzte man das Augenmerk auf die Beschaffung eines Notstromaggregats. Das Vorhaben scheiterte aber schon an den Vorschriften, da für den Betrieb eines solchen eine Konzession nötig gewesen wäre.
Suche nach einem Investor
So konkretisierte man die Pläne für ein Blockheizkraftwerk. Dabei sollten völlig neue Wege beschritten werden: Man einigte sich auf Altspeiseöl als Energieträger. Mit der Verwendung von CO2-neutralem Speiseöl anstelle von Heizöl sollte nicht nur ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Ganz bewusst setzte man auf den dadurch möglichen Verkauf als Ökostrom.
Da es sich bei dieser Art von Blockheizkraftwerk um eine Novität handelte, bestanden auch keine Erfahrungswerte. Verlangt war also eine gewisse Risikobereitschaft, was aber zum Problem werden sollte. Den notwendigen Geldgebern war das Wagnis zu hoch. Verhandlungen mit potenziellen Rohstofflieferanten scheiterten an deren Bequemlichkeit, da diese seit Jahren die Zementindustrie belieferten und damit offenbar gut fuhren. Letztlich zeigten sich auch noch die Behörden punkto Umzonungspläne wenig kooperativ. Trotzdem liess sich schliesslich eine Gesellschaft mit englischem Mutterhaus finden, die das Projekt umsetzen wollte. Ein Businessplan wurde ausgearbeitet.
Was ist ein Blockheizkraftwerk?
In einer auch als Wärme-Kraft-Kopplungsanlage bezeichneten Anlage treibt ein Verbrennungsmotor einen Generator an, der elektrische Energie erzeugt. Die anfallende Wärme wird über einen Wärmeüberträger üblicherweise an ein Heizsystem abgegeben. Eine solche Anlage eignet sich besonders für Objekte, an denen sowohl Strom wie Wärme benötigt wird. Derartige Systeme können mit Erdgas, Flüssiggas, Biogas, Heizöl oder – wie im Fall der Grasag – mit Altspeiseöl angetrieben werden. (epp.)
Umso grösser war die Enttäuschung, als sich diese kurz vor Vertragsunterzeichnung zurückzog. Nun sassen die Initianten zwar mit einem ausgearbeiteten Konzept, aber trotzdem mit leeren Händen da. Der Kontakt eines Ingenieurs zur Energiedienstleistungsfirma EBM in Münchenstein BL brachte doch noch die Wende. Nach einer Besichtigung vor Ort entschloss sich das Unternehmen aus dem Baselbiet, bei der Grasag mit einer Wärme-Kraft-Kopplungsanlage einzusteigen.
Die EBM beschäftigt sich seit vielen Jahren neben dem Verkauf von Elektrizität mit der Nutzung von Wärme. Sie betreibt in ihrer Region gegen 90 Anlagen, die meisten davon im so genannten Contracting-System: Die Anlagen gehören der EBM und die Nutzer bezahlen für die bezogene Wärme. Das Blockheizkraftwerk in Ettiswil gehört aber der Grasag selber. Die EBM finanzierte die Anlagen in der Höhe von über einer Million Franken und ist für den Unterhalt und den Betrieb verantwortlich. «Weil das Unternehmen in der Zentralschweiz liegt, kam aus Strommarkt-politischen und gesetzlichen Gründen ein Contracting nicht in Frage», erklärt EBM-Projektleiter Peter Hiller. Zudem darf seine Firma auch nicht mit Strom in der Zentralschweiz handeln, weshalb der Strom ins Netz der CKW eingespeist wird.
Innovatives Projekt
Für Peter Hiller steht der innovative Charakter des Projektes im Vordergrund: «Mit der Grasag sammeln wir erstmals Erfahrungen mit einem Blockheizkraftwerk, das mit gebrauchtem und aufbereitetem Pflanzenöl betrieben wird.» Die EBM ist auch für die Beschaffung des Rohstoffes zuständig, der ausdrücklich nur aus der Gastronomie stammt. Peter Hiller schätzt, dass es jährlich rund 1200 Tonnen altes Speiseöl braucht. Langfristig dürfte mit der erwarteten Liberalisierung des Strommarktes auch der Standort in der Zentralschweiz für die EBM interessant werden. Sie hat mit der Grasag einen 10-Jahres-Vertrag abgeschlossen.
Beitrag zum Klimaschutz
750 Kilowatt Elektrizität produziert die Anlage bei Vollbetrieb. Bei den geschätzten Laufzeiten könnte damit der Jahresbedarf von über 1000 Haushalten gedeckt werden. Die Anlage verbraucht höchstens 350 Kilowatt, der Rest gelangt als finanziell lukrativer Ökostrom der CKW in die Haushalte. Ermöglicht wird dies, weil die Nutzung des Pflanzenöls im Gegensatz zu fossilen Treibstoffen CO2-neutral geschieht. 60 Prozent der erzeugten Energie fällt als Wärme an und wird in Form von heisser Luft direkt zur Futtertrocknung verwendet.
Noch kann in Ettiswil nicht ganz auf den Einsatz von Heizöl verzichtet werden, dieser wird immer noch im bisherigen, von der neuen Anlage getrennten Kessel verbrannt. Langfristig soll der Verbrauch auf rund 20 Prozent der bisher verwendeten Menge reduziert werden. Je teurer das Heizöl ist, desto lohnender ist die Investition rein finanziell. Mit der Rückverwertung des einst aus landwirtschaftlichen Produkten hergestellten Altöls wird zudem auch ein Kreislauf geschlossen. Immerhin 50 Tonnen CO2-Emissionen lassen sich dadurch einsparen. Damit leistet die Landwirtschaft indirekt wenigstens einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz.
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