Die Firma «UrbanFarmers»* sucht Gemüsegärtner, die in Gewächshäusern auf Dächern von Industriebauten Gemüse und Fische produzieren. Eine etwas speziellere Art der Flächenausdehnung zwar, aber eigentlich gar nicht so abwegig.
Zusätzliche Anbauflächen für Gemüse gesucht? Roman Gaus weiss, wo sie sind: «In der Schweiz gibt es hunderte von Hektaren von bisher ungenutzten Dachflächen, die sich für die Produktion von Gemüse eignen würden.» Nur ein Fantast kann so reden, werden viele Gemüseproduzenten jetzt denken. Doch dem Gründer und Geschäftsführer von «UrbanFarmers» ist es ernst. In diesem Jahr erntet er in seiner 260 m2 grossen Pilotanlage auf dem Dach des LokDepots im Basler Dreispitzquartier erstmals 5000 kg Gemüse – und 800 kg Fisch.
«Aquaponic» heisst das Produktionssystem, in dem Tomaten und Salate quasi in Symbiose mit Fischen produziert werden. Die Ausscheidungen der Tilapia-Fische fliessen von den Fischbecken durch einen Biofilter und danach als Nährstoffe im Wasser durch die Rinnen mit dem Gemüse. «Über die Zusammensetzung des Futters steuern wir die Nährstoffe», sagt Gaus. Ein minimaler Wasser- und Energieverbrauch in einem nahezu geschlossenen Kreislauf ist das Grundprinzip. Von aussen ins System herein kommen rein pflanzliches Fischfutter, Sonnenenergie und sehr wenig Wasser. Raus gehen das Gemüse, die Speisefische und was vom Fischkot übrig bleibt wird mit Wurm-Kompostierung zu einem hochwertigen Kompost verarbeitet.
Aquaponic an und für sich sei nichts Neues und als Technologie weltweit erprobt. Neu sei aber bei «UrbanFarmers» die speziell programmierte Soft- und Hardware zur Steuerung des Systems, die den Betrieb einer solchen Anlage praxistauglich mache. Zentral ist zudem das Marketing: «Wir produzieren mitten in der Stadt frisches Gemüse und Fische auf eine nachhaltige Art und Weise», sagt Gaus. Das komme gerade bei der urbanen Bevölkerung sehr gut an. Noch bis Ende Oktober läuft ein dreimonatiger Testmarkt im benachbarten MParc der Migros Basel auf dem Dreispitzareal, bei dem die Produkte mit der Marke «UrbanFarmers» verkauft werden. Mit dem Slogan «aus der Stadt für die Stadt» übrigens. Gaus ist überzeugt, dass hier der Anfang einer Erfolgsgeschichte geschrieben wird. Und dass es bald mehr Gemüse und Fische von Schweizer Dächern braucht.
Im nächsten Kapitel sollen deshalb Schweizer Gemüseproduzenten eine Rolle spielen. «Wir suchen zwei bis drei Hektaren Flächen für unsere Produkte,» sagt Tom Zoellner, Head of Business Development bei «UrbanFarmers» und eng vertraut mit der Schweizer Gemüsebranche. Das sei eine Chance für Gemüsegärtner in urbanen Agglomerationen, wo das Kulturland immer knapper und die Bauvorschriften in der Landwirtschaft streng seien. Die Idee: Die Firma liefert die Technologie, finanziert die Gewächshäuser und bietet Abnahmeverträge für das Gemüse und die Fische an. «Gemüseproduzenten sind innovative Leute und offen für moderne Technologie», sagt Zoellner. Und das passe gut zu «UrbanFarmers».
* «UrbanFarmers» ist ein Spinn-off Unternehmen der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und wurde im Juli 2011 von Roman Gaus und Andreas Graber als AG gegründet.
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