Der Bauer und Energiepolitiker Josef Gemperle nimmt in diesem Herbst eine reine Hofdüngeranlage in Betrieb. Vom Kanton Thurgau erhielt er dafür einen einmaligen Investitionsbeitrag.
Beim Besuch in Fischingen (TG) im August ist es heiss, wie so oft in diesem Sommer. So trocken sei es hier noch nie gewesen, sagt Josef Gemperle. «Für mich ein klares Zeichen, dass sich das Klima bereits am ändern ist.» Deshalb habe bei ihm der Klimaschutz oberste Priorität. Seine Vision: Die Schweizer Landwirte sollen ihren Hofdünger viel mehr in Biogasanlagen vergären. «Damit könnten sie den Methanausstoss massiv reduzieren und einen grossen Beitrag zum Klimaschutz leisten». Josef Gemperle führt zusammen mit Nachbar Arnold Gemperle eine Betriebszweiggemeinschaft mit Milchproduktion. Josef Gemperle will mit gutem Vorbild vorangehen: seit ein paar Jahren produziert er bereits Solarstrom und schon seit Längerem warmes Wasser mittels Solarthermie.
In diesem Herbst wird nun die Biogasanlage ans Netz gehen, die in erster Linie nur mit Mist und Gülle vom eigenen Vieh (rund 100 GVE) auskommen soll. Mit einer Leistung von 25 bis 30 Kilowatt elektrischer Energie und dem Zwei- bis Dreifachen an Wärme zählt sie zu den Kleinanlagen. Die BG profitiert vom einmaligen Investitionsbeitrag von 250’000 Franken, den der Kanton Thurgau für reine Hofdünger-Biogasanlagen ausrichtet. Josef Gemperle setzt sich als CVP-Grossrat im Kanton Thurgau seit Jahren für die Förderung von erneuerbaren Energien ein. Er hofft, dass der Bund dereinst das Thurgauer Fördermodell für Biogasanlagen ohne Co-Substratverwertung mit dem einmaligen Investitionsbeitrag übernehmen wird. Bei der Photovoltaik hat es bereits funktioniert: Die seit letztem Jahr gesamtschweizerisch geltende Einmalvergütung für PV-Kleinanlagen wurde im Thurgau «erfunden».
Wärmeverlust minimieren
Ein Blick auf den Fermenter reicht und es ist klar: Hier steht nicht Nullachtfünfzehn. Er ist viel höher als gewohnt und die Haube mit der Folie ist volumiger als üblich. Weil die Verschalung noch nicht angebracht ist, sieht man jetzt noch die 15 Zentimeter dicke Isolationsschicht. Der Wärmeverlust soll möglichst tief gehalten werden. Maximale Effizienz ohne Wärmeverlust ist das Credo von Gemperle. So nutzt ein Spiralwärmetauscher die Wärme der vergorenen Gülle, wenn diese vom Fermenter ins Endlager fliesst. Wenn sie kühler sei, gebe es weniger Nachgärungen und somit weniger Schadstoffe, sagt der Perfektionist. Ob die 50’000 Franken teure Komponente rentiert sei zwar offen. Doch Gemperle sieht sich auch als Versuchskaninchen für seine Branchenkollegen. «Ich will einfach wissen, ob die Wärmerückgewinnung funktioniert.» Die gesamte Wärme wird durch ein Rohrsystem unter dem ganzen Betrieb inklusiv Wohnhaus mit Hilfe einer elektronischen Steuerung bedarfsgerecht verteilt: zur Heubelüftung, für die Heizung in Arbeitsräumen und Privathaus oder für heisses Wasser im Milchraum.
Wärme wird gespeichert
Eine zentrale Rolle spielt im System der riesige 27 Kubikmeter fassende Wasser-Wärmespeicher, der die Wärme des 50 KW-Blockheizkraftwerk (BHKW) speichert. Das war nötig, weil Gemperle möglichst alle Wärme nutzen will.«Nur so macht das ausgeklügelte System von Effizienzmassnahmen und Wärmerückgewinnung Sinn.»
Und die Trafostation ist zu klein für die gleichzeitige Produktion von Solar- und Biogasstrom. Eine Vergrösserung wäre teuer geworden und hätte zudem viel zeitraubenden Papierkrieg verursacht. Gemperle wollte und konnte nicht warten, bis alle Ämter ihren Segen gegeben hätten. Deshalb ist der Fermenter mit einem Volumen von 790 Kubikmeter bewusst grosszügig dimensioniert und dient als zusätzlicher Puffer. «Wir wollen möglichst bedarfsgerecht und flexibel Strom und Wärme erzeugen können.» Künftig kann der Biogas-Strom dann produziert werden, wenn die Leitung nicht mit dem Solarstrom besetzt ist und genug Kapazität aufnehmen kann, ohne dass Wärme ungenutzt verpufft. Die eine Million Franken teure Biogasanlage wird in diesem Herbst ihren Betrieb aufnehmen. Erst dann werde man wirklich sehen, wie das Ganze zusammenspielt. Falls der eigene Hofdünger alleine zu wenig Wirtschaftlichkeit bringt, hat Gemperle einen Plan B im Sack. «Ich könnte noch zusätzlichen Mist und Gülle aus der Nachbarschaft nutzen.»
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