Ein neu in der Schweiz zugelassenes Verfahren könnte das energieintensive und teure Dämpfen von Gewächshausböden ersetzen. Was es dazu braucht? Ein spezielles Granulat und Plastikfolien. Übrig bleibt ein vitaler und gesunder Boden.
Was machen Sie zuerst, wenn das Handy, der PC oder der SmartTV verrückt spielen? Sie drücken die Reset-Taste, respektive schalten das Gerät einmal aus und ein und bringen es so in den ursprünglichen Zustand zurück. Wie wäre das nun, wenn so etwas auch mit müden Gemüsebau-Böden funktionieren würde? Einfach nur per Knopfdruck funktioniert das von der holländischen Firma Soilwise entwickelte und patentierte System «Herbie 82» zwar nicht. Das spezielle Granulat auf pflanzlicher Basis muss zuerst in den Boden eingearbeitet und anschliessend mit einer Plastikfolie ganzflächig luftdicht abgedeckt werden. Der Boden scheint sich nach wenigen Wochen aber tatsächlich von den Anbaustrapazen der Vorjahre erholt und in eine Art frischen Grundzustand zurückversetzt zu haben. Diese Erfahrung machte auf jeden Fall der Gemüsebaubetrieb Gerber Bio Greens AG in Fehraltorf. Gewächshausleiter Krijn Hartman aus Holland kannte das Produkt von Berufskollegen und ergriff vor zwei Jahren die Initiative, dieses auch in der Schweiz testen zu können. Eine Sonderbewilligung unter Begleitung des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) ermöglichte dies. In diesem Jahr hat das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) das Produkt offiziell zugelassen und steht zudem auf der FiBL-Betriebsmittelliste für die Anwendung im biologischen Landbau.
Keime sterben bei Gärung ab
Die Firma Gerber Bio Greens AG besitzt das exklusive Verkaufsrecht für «Herbie 82» in der Schweiz. «Die letzten zwei Jahre in unseren Gewächshausböden zeigten, dass das Produkt gut funktioniert», sagt Geschäftsführer Matthias Hurni. Es ersetzt mittlerweile auf dem Gemüsebaubetrieb das energieintensive, teure und letztlich auch bodenschädigende Dämpfen. Mit Kosten von rund sechs Franken pro Quadratmeter müssen Gemüsebaubetriebe bei «Herbie 82» rechnen. «Mit dem Unterschied, dass nach der Behandlung ein vitaler Boden übrigbleibt», erklärt Hurni.
Doch wie funktioniert das Ganze in der Praxis? Der Blick ins Gewächshaus erweckt im ersten Augenblick den Eindruck eines Sees. Die spezielle Plastikfolie versiegelt den Boden sauerstoffdicht ab. Vor dem Abdecken brachte Krijn Hartman das Granulat mit einer Spatenmaschine in einer Tiefe von rund 30 Zentimeter in den Boden. Mit «Herbie 82» vermehren sich die Mikroben und bauen den verfügbaren Sauerstoff in kurzer Zeit auf einen Gehalt von unter einem Prozent ab. Der folgende Gärprozess setzt Gase und Stoffe frei, welche die Krankheitserreger und Schädlinge reduzieren: Von Fusarium, Verticillium, Wurzelgallennematoden bis zu schädlichen Bakterien. Den ganzen Prozess überwacht Krijn Hartman mit regelmässigen Messungen von Sauerstoff, CO2 und anderen Gasen.
Höhere Erträge
Wie lange die Folie auf dem Boden bleibt, ist abhängig von der Temperatur und beträgt zwischen vier und acht Wochen. Im Gewächshaus bietet sich dafür die Herbst- und Winterzeit an. Das Verfahren muss alle zwei bis drei Jahre wiederholt werden. Nach der Behandlung bleiben offenbar nur die «guten» Mikroben übrig. «Bei uns stiegen die Ernteerträge in den Kulturen nach der Behandlung deutlich an und Krankheiten wie Rost oder Mehltau waren kein Problem mehr», erklärt Krijn Hartman. Bei Radieschen wüchsen nun 15 anstatt zehn Bunde pro Quadratmeter. «Herbie 82» funktioniere zudem auch im Freiland und biete sich beispielsweise in Erdbeerkulturen an.
Wer sich für «Herbie 82» interessiert, kann sich bei Gerber Bio Greens AG melden (Tel. 044 954 80 25). Sie verkauft das Produkt und steht der Kundschaft in Sachen Dosierung, Anwendung und Behandlung beratend zur Verfügung.
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