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Effizienter Pflanzenschutz mit Robotern

Die Düsen des Prototyps des Pflanzenschutzroboters besprühen nur die zu behandelnde Kultur.

Pflanzenschutzmittel sind umstritten. Roboter sollen deshalb helfen, die eingesetzten Mengen zu reduzieren oder ganz wegzulassen. Im Seeland wurde ein Prototyp eines Pflanzenschutzroboters vorgestellt, mit dem die Sprühmengen um bis zu 70 Prozent reduziert werden sollen.

Beim französischen Gemüsegärtner Frank Echard fährt der kleine Hackroboter Oz durch die Gemüsereihen.

«Oz» ist ein angenehmer Mitarbeiter. Ohne zu murren hackt er mit einer Geschwindigkeit von etwas mehr als einem Kilometer pro Stunde zwischen den Salatreihen auf dem Feld des französischen Gemüsegärtners Frank Echard in Saint-Martin-des-Bois, und das erst noch ohne Kaffeepause. Ausser es geht ihm tatsächlich der Saft aus. «Zurzeit kann er nicht arbeiten, weil sein Akku kaputt ist», sagt Echard. Vor drei Jahren kaufte er sich für 23‘000 Euro den kleinen elektrischen Hackroboter der französischen Firma Naïo. Man finde in Frankreich kaum Personal für die harten Arbeiten auf den Gemüsefeldern. «Deshalb bin ich froh, dass ich Oz habe.» Der Anfang mit ihm sei allerdings etwas schwierig gewesen. So konnte er beispielsweise kaum Salate von Unkraut erkennen. Doch die Herstellerfirma habe das Gerät laufend weiterentwickelt und angepasst. «Heute arbeitet Oz zuverlässig und macht, was man ihm sagt». Und er habe letztes Jahr dank ihm erstmals vollständig auf den Einsatz von Herbiziden verzichten können, deren Einsatz auch in Frankreich zunehmend in Kritik steht.

In der Schweiz noch keine autonomen Geräte

In Frankreich fährt der autonome Hackroboter Oz bereits auf vielen Äckern oder wie beispielsweise auf dem Bild in Lauch.

Über 70 «Oz» hacken in Frankreich und in anderen Ländern bereits selbständig auf Gemüsefeldern, in Gewächshäusern oder zwischen den Reihen von Baumkulturen. Nur in der Schweiz ist er bis jetzt nicht angekommen. «Die Ansprüche der Schweizer Landwirte sind wohl zu hoch», sagt Gerhard Aebi. Der Geschäftsführer von Aebi Suisse vertreibt den «Oz» in der Schweiz und führte den kleinen Hackroboter bisher ohne zählbaren Erfolg auf zahlreichen Betrieben vor. Er müsse nur einmal umkippen, dann sei das Thema für den Schweizer Kunden erledigt. Der «Oz» sei zudem für Direktvermarkter mit kleinen Anbauflächen konzipiert, sagt Aebi. «Interessiert an der Automatisierung auf dem Acker sind in der Schweiz aber vor allem grosse Betriebe».

Trotzdem suchen auch die Schweizer Landwirte intensiv nach Lösungen, um den Einsatz von Herbiziden zu reduzieren. Am mechanischen Hacken führt hier kein Weg vorbei, und dieser ist personalintensiv und teuer. Die Hoffnungen ruhen deshalb auf der Entwicklung von Präzisionsgeräten, welche die Arbeiten selbständig und effizient erledigen. Erste solche Geräte stehen bereits im Einsatz, sie fahren aber noch nicht autonom.

Ferrari gegen Unkraut

Beim Hackroboter Ferrari führen Sensoren die Hackscharen durch die Reihen.

Gemüsegärtner Thomas Käser aus Birmenstorf AG setzt seit drei Jahren auf den Hackroboter von Ferrari. Dieser ist hinten am Traktor angebracht und mit Sensoren und Kameras ausgerüstet, welche die Hackscharen geschickt an den Salaten vorbeiführen. Dank GPS könnte der Traktor mit dem angehängten Hackgerät theoretisch ohne Mensch fahren, das Gesetz lässt dies aber in der Praxis nicht zu. Es beschränkt die Geschwindigkeit für autonom fahrende Fahrzeuge auf maximal 4 km/h. «Auch deshalb läuft immer ein Mitarbeiter hinter dem allein fahrenden Traktor nach und schaut, ob alles in Ordnung ist», erklärt Käser. Das Gerät kann er wegen dem relativ hohen Gewicht nur bei trockenen Verhältnissen einsetzen, um Bodenschäden zu verhindern. Zudem funktionieren die Kameras nicht bei allen Kulturen, Fenchel beispielsweise erkennen sie nicht. Käser ist überzeugt, dass der Ferrari nur eine Zwischenstation ist auf dem Weg der Automatisierung auf dem Acker. «Schon in zehn Jahren werden hier deutlich bessere und leichtere Geräte völlig autonom unterwegs sein.»

Roboter auch gegen Insekten und Krankheiten

Der Hackroboter Steketee IC wurde mit Düsen und einem zusätzlichen Tank ausgestattet.

Vom niederländische Hackroboter Steketee IC sind bereits sieben Stück auf Schweizer Äckern unterwegs. Er arbeitet nach einem ähnlichen Prinzip wie der Ferrari. Auch er ist primär für das Hacken von Unkraut entwickelt worden. Ein von mehreren Institutionen lanciertes und vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) mit knapp 200000 Franken unterstütztes Forschungsprojekt arbeitet nun an der Weiterentwicklung des Gerätes. Denn nicht nur das Unkraut bereitet den Bauern Sorgen, sondern vor allem auch Krankheiten und Schädlinge. Der Steketee IC wurde deshalb im Sinn eines Prototypten zusätzlich mit einem kleinen Tank und Düsen ausgestattet, die sensoren- und kameragesteuert präzise Insektizide oder Fungizide versprühen. Die Idee: Es gelangen keine Spritzmittel mehr auf den Boden zwischen den Reihen, sondern nur noch auf der zu behandelnden Kultur. Das ist besser für die Umwelt und macht auch wirtschaftlich Sinn: «Wir gehen davon aus, dass die Sprühmengen damit um 40 bis 70 Prozent reduziert werden können», sagte Jimmy Mariéthoz anlässlich einer Vorführung des Prototyps in Galmiz. Der Direktor des Verbandes Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) ist überzeugt, dass der multifunktionale Pflanzenschutzroboter dabei hilft, den von der Branche angestrebten Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren. Natürlich stehen ihm aber auch die beiden in diesem Jahr lancierten Pflanzenschutzmittel-Initiativen im Nacken, die den Einsatz von Pestiziden faktisch verbieten wollen. Ganz ohne Pflanzenschutzmittel sei der Anbau von Gemüse aber nicht möglich, sagt Gemüseproduzent Thomas Wyssa, der den Prototypen bei sich auf dem Betrieb testet. «Wir setzen aber mit Technologien wie dem Pflanzenschutzroboter alles daran, deren Einsatz zu minimieren.» Das sei auch im Sinne des Nationalen Aktionsplans Pflanzenschutz. Die Software für die Düsensteuerung scheint zu funktionieren. In den ersten Versuchen in diesem Frühling konnte die Spritzmenge mit einer Mischung auf Wasserbasis im Vergleich zur üblichen Verfahren mit dem Roboter um 90 Prozent reduziert werden. Im auf drei Jahre angelegten Projekt soll nun im nächsten Schritt die Wirksamkeit von einzelnen Pflanzenschutzmitteln auf den verschiedenen Kulturen untersucht werden.

10.6 Millionen für Ecorobotix

Der Ecorobotix aus Yverdon ist mit Solarmodul unterwegs.

Der Einzug von Robotern auf die Schweizer Äcker ist also bereits im Gang. Dabei geht es primär um die Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln, ermöglicht durch digitale Hilfsmittel und Sensoren, die mehr Präzision in die Anwendung bringen. Doch nicht nur: In vielen westlichen Ländern – wie beispielsweise Grossbritannien – fehlt es zunehmend an Arbeitskräften. Deshalb wird vor allem auch an vollständig autonomen Systemen gearbeitet. Die Start-up-Firma Ecorobotix aus Yverdon beispielsweise hat einen solarbetriebenen und GPS-gesteuerten Roboter entwickelt, der mit Kameras arbeitet und mit nach eigenen Angaben bis zu 70 Prozent weniger Spritzmitteln auskommt. Auf den kommerziellen Durchbruch wartet das Unternehmen allerdings bisher vergeblich. Trotzdem vermeldete das Unternehmen kürzlich den Abschluss einer neuen Finanzierungsrunde von Investoren in der Höhe von 10,6 Millionen Franken. Das deutet darauf hin, wie hoch die Erwartungen an die Anwendung von Robotertechnologien in der Landwirtschaft sind.

Mehr als nur Traktorersatz

Auch Gerhard Aebi ist wieder mit einem autonomen Roboter unterwegs auf den Höfen:  «Dino» ist der grosse Bruder von «Oz» und sei deutlich leistungsfähiger und zuverlässiger und vor allem besser für grössere Anbauflächen geeignet. Doch langfristige gehe es nicht nur um das Unkrauthacken, glaubt Aebi. Roboter werden künftig auf den Feldern vor allem auch Analysen durchführen: «Die intelligenten Geräte werden schon in ein paar Jahren mehr als nur ein Traktorersatz sein.» Landwirte werden künftig so gut über ihre Kulturen und Böden Bescheid wissen, wie nie zuvor.

 

 

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