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Die Bio-Illusion: Ein missratener Dokfilm

extensivbioIch gebe zu, dass ich etwas spät dran bin. Der Film «Die Bio-Illusion» wurde 2014 erstmals auf Arte gezeigt. Doch nach einem Besuch in Rumänien in der letzten Woche beim im Film portraitierten Theo Häni, sehe ich mich nun doch noch dazu veranlasst, ein paar Bemerkungen dazu zu machen:

Eine konstruierte, einfach gestrickte Geschichte: Der Kleinbauer mit der eigenen Ringelblumenproduktion ist der Gute, der grosse Betrieb mit mehr Flächen der Böse. Der Autor hat ein bisschen viele Zutaten in die Suppe gemischt. Die Frau mit ihren Hagebutten-Pillen behauptet im Film zwar, seit vielen Jahren in der Bioszene unterwegs zu sein, kennt aber nicht einmal den Unterschied zwischen Naturland und EU-Bio… Naturland lehnt die Pille prompt ab, weil es eben die strengen Kriterien wohl nicht erfüllt. Im Film wird daraus überraschend gefolgert, dass alle Zertifizierungen schlecht sind. Die einzigen an und für sich guten Beispiele für einen Biolandbau auf Irrwegen sind die Crevetten-Farm, die chinesischen Farmen und die Gemüseproduzenten in Almeria. Man hätte besser je einen Film über diese gemacht, dafür etwas vertieft.

Lausige Recherche

Leider merkt man, dass sich der Autor zu wenig mit der Materie auseinandergesetzt hat. Ich kenne den «bösen» Banker Theo Häni seit vielen Jahren persönlich und mit ihm die Projekte in Rumänien. Klar, dass jemand, der im Mercedes über weite Felder fährt, sich mit einem Lächeln auf der Lippe über Romas und Schäfer beklagt und dazu vermeintlich spekulativ mit «billigem» Agrarland handelt, bei den Zuschauern schlecht wegkommt. Doch alles hat bekanntlich immer zwei Seiten. Und die Zweite hat der Autor unfairerweise einfach weggelassen, weil es ihm nicht ins Konzept passte – für mich doch etwas überraschend in einem auf Arte ausgestrahlten Film. So ist Häni seit vielen Jahren vor Ort mit einem von den Familien seines Sohnes und der Tochter geführten 800 Hektaren grossen extensiven Biogetreidebetrieb in einem kleinen Dorf tätig. Es wäre eigentlich das beste Beispiel für biologischen Getreidebau: schonende Bodenbearbeitung, Düngung nur mit Zwischenfrüchten, eigene Saatgutvermehrung und natürlich nur mechanische Unkrautbekämpfung. Kreislaufwirtschaft in Reinkultur. Als Bio Suisse zertifizierter Betrieb (und dieses Zertifikat ist nicht so einfach zu bekommen wie im Film beschrieben) hat es dort auch ausreichend ökologische Ausgleichsflächen. Die Hänis sind die grössten Arbeitgeber im Dorf und helfen so von aussen sichtbar mit, das Dorf weiterzuentwickeln. Wenn bei den Hänis eine Stelle frei wird, bewirbt sich das halbe Dorf. Von den Dorfbewohnern sind übrigens viele Kleinstbauern mit eigenem Acker, niemand nimmt ihnen diese weg, wie im Film suggeriert. Und Theo Hänis Enkel gehen übrigens in die Dorfschule und sprechen fliessend rumänisch. Der Autor hat dies alles gesehen, weshalb verliert er im Film kein Wort darüber?

Rendite und Ideologie gehöhren zusammen

Obwohl ich sicher etwas befangen bin, möchte ich zudem noch darauf hinweisen, dass Häni in den vergangenen Jahren auch viele Kleinbetriebe unterstützt hat. Ja, manche sogar vor dem Bankrott bewahrt hat. Übrigens hat die an der Düsseldorfer Börse kotierte Agrarinvest Romania AG im letzten Jahr tatsächlich rumänisches Agrarland mit einer Wertsteigerung von 50 Prozent in drei Jahren (Quelle: Öko Invest 574/15) verkauft. Dieses Geld wird in ein neues Logistikzentrum investiert, von dem künftig auch kleinere rumänische Biobauern profitieren sollen, denen bisher die Absatzstrukturen fehlten. Wer weiss, vielleicht hilft das ja sogar dem rumänischen Kleinbauern mit den Ringelblumen, dem im Film die Rolle des Davids zugeteilt wurde.

Im Film spricht Häni im Zusammenhang mit biologischer Landwirtschaft von der Kombination von Rendite und Ideologie. Ich bin überzeugt: Nicht wie im Film suggeriert die Rendite, sondern die Ideologie ist die Triebfeder von Hänis Schaffen. Dass es für ein erfolgreiches Wirtschaften beides braucht, passt wohl nicht unbedingt ins Bild der Fundi-Bioszene. Genauso wenig, dass grosse Betriebe ebenso gut biologisch produzieren können. Ein paar von Hand ausgegrabene Kartoffelknollen reichen nun mal nicht aus, um ein paar Millionen Menschen zu ernähren. Und darum sollte es ja letztlich gehen. Nicht nur der Klimawandel macht es dringend nötig, dass die ganze globale Landwirtschaft ökologischer und nachhaltiger wird. Bioringelblumenproduzenten in Ehren: Nur mit Kleinbetrieben wird das nicht gelingen.

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Zum Film:

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