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Der milde Winter könnte Krankheiten und Schädlinge begünstigen!

vongunten2Ein eher warmer Winter, weniger Wirkstoffe und hohe Anforderungen der Abnehmer bei den Mehrfachrückständen: Wie sollen die Gemüseproduzenten damit umgehen? Der Pflanzenschutzberater Markus von Gunten gibt Antworten.

Wie ideal war der Winter für das kommende Gemüse aus Sicht des Pflanzenschutzes?
Markus von Gunten*: Der Winter war eher zu warm. Nach dem feuchten Herbst, in dem Erntearbeiten oft bei ungünstigen Bedingungen durchgeführt werden mussten, konnte sich der Boden zwar ein bisschen erholen. Aber das war wohl nicht der Winter, den es gebraucht hätte. Kalte Temperaturen und durchgefrorene Böden wären sicher besser gewesen für eine gute Bodengare. Die überdurchschnittlichen Niederschläge des Winters begünstigten zudem die Nährstoffauswaschung. Das muss bei der Andüngung im Frühjahr beachtet werden.

Die Gemüseproduzenten müssen mit weniger Pflanzenschutzmitteln auskommen, weil Bewilligungen auslaufen. Wie sieht es hier in diesem Jahr aus?
Die grossen Änderungen erfolgten im letzten Jahr. Mit dem Wegfall von Wirkstoffen wie Diazinon, Propachlor oder einem Produkt wie Birlane. Vor allem bei der Bekämpfung der Möhrenfliege wirkte sich das Fehlen von Diazinon auf den im Rahmen der Antiresistenz-Strategie nötigen Wirkstoffwechsel negativ aus. Dieses Jahr fällt das Insektizid Diafenthiuron weg. Es gibt hier aber Produkte, die diese Lücke gut füllen können oder sogar noch ein bisschen besser sind.

Trotzdem: Das Beispiel der Möhrenfliege zeigt, dass die Einhaltung einer Antiresistenz-Strategie mit weniger Wirkstoffen schwieriger wird.
Tatsächlich steht bei der Möhrenfliege nur noch eine Wirkstoffgruppe zur Verfügung. Der Gemüseproduzent muss jetzt seine Kulturen noch besser überwachen, damit er mit möglichst wenigen Behandlungen durchkommt. Man weiss beispielsweise, dass der Möhrenflug vor allem am Abend stattfindet. Folglich sollte die Applikation auch dann erfolgen, um eine möglichst effiziente Wirkung der Mittel zu erreichen. Der Anbau auf windoffenen Parzellen kann den Befallsdruck zusätzlich eindämmen. Aber grundsätzlich ist die Situation schwierig. Das Schadpotenzial der zweiten Fliegenlarven-Generation in den Sommermonaten ist enorm.

Wie wird sich diese grundsätzliche Problematik mit fehlenden Wirkstoffen in den nächsten Jahren entwickeln?
Bei allen Problemen gibt es bei den Insektiziden und Fungiziden immer noch einige Wirkstoffe, die gewechselt werden können, um die Resistenzentwicklung zu vermeiden. Wir wissen aber nicht, welche Stoffe in den nächsten Jahren noch wegfallen werden und sich die Problematik dadurch noch zuspitzen wird. Doch die Industrie arbeitet auch an neuen Produkten, es gibt beispielsweise immer mehr alternative Pflanzenschutzmittel.

Welche Schädlinge werden künftig noch mehr Probleme bereiten?
Mit dem Wegfall von Granulaten gegen Nematoden wird deren Bekämpfung noch schwieriger werden. Das kann man nur noch fruchtfolgetechnisch angehen, beispielsweise mit Gründüngungen. Zurzeit laufen Praxisversuche mit Tagetes, die gegen Nematoden eine Wirkung zeigen. Beim Unkraut ist das schwer zu bekämpfende Erdmandelgras ein grosses Problem.

Die Gemüseproduzenten müssen immer strengere Bestimmungen bei Mehrfachrückständen von Pflanzenschutzmitteln einhalten. Welche Kulturen sind hier besonders heikel?
Kohlarten, insbesondere Rosenkohl, sind sicher problematisch. Durch die lange Kulturzeit sind mehrere Behandlungen nötig, um die Pflanzen vor Krankheiten und Schädlingen zu schützen. Der Handel schreibt indes vor, dass Produkte bei denen mehr als drei Wirkstoffe nachgewiesen werden können, nicht mehr marktkonform sind. Um diesem Problem entgegenzuwirken, müssen exakte Kulturkontrollen durchgeführt werden. Es sollten nur Schaderreger bekämpft werden, die wirklich eine Gefahr für die Kultur darstellen, um die Anzahl Wirkstoffe auf ein Optimum zu reduzieren. Diese Massnahmen stellen aber im Rahmen der Anti-Resistenzstrategie immer einen Kompromiss dar.

Der Gemüseanbau wird also immer komplexer. Wo können sich die Gemüseproduzenten Rat holen?
Ein wichtiges Hilfsmittel ist sicher die Website DATAphyto von Agroscope, wo alle aktuellen Bewilligungen und Anwendungen aufgeführt sind. Auch Pflanzenschutzmittelkataloge von Firmen enthalten gute Informationen.

Wie sieht es mit Apps aus?
Vereinzelt gibt es die schon, allerdings sind sie meines Erachtens noch wenig hilfreich. Noch gibt es keine App, mit der man mit dem Smartphone auf dem Feld stehen, eine Krankheit oder einen Schädling einscannen kann und sie einem die Behandlungsmethode aufzeigt.

*Markus von Gunten ist gelernter Gemüsegärtner und Pflanzenschutzberater bei der fenaco in Lyssach.

Veröffentlicht in Blog

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