In der Landwirtschaft gelten ab diesem Jahr strengere Vorschriften zur Vermeidung von Erosion. Neu kann bereits das erstmalige Auftreten von Erosion als Verstoss gegen die ÖLN-Richtlinien geahndet werden. Was bedeuten die neuen Vorschriften für den Gemüseanbau? Anton Candinas vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) nimmt Stellung.
Mit Hilfe der vom BLW im Internet zur Verfügung gestellten Erosionsrisikokarte kann jeder Gemüseproduzent überprüfen, wie gross bei ihm das Risiko von Erosionsschäden ist. Dabei erscheinen die drei Farben grün für «keine Gefährdung», gelb für «Gefährdung» und rot für «hohe Gefährdung». Was macht ein Gemüseproduzent mit vielen roten Flächen?
Anton Candinas: Dieser Gemüseproduzent weiss dank dem Hilfsmittel der Erosionsrisikokarte, dass er in einem Gebiet wohnt, wo er besonders sorgfältig mit dem Aufreissen des Bodens umgehen muss. Er muss entsprechende Massnahmen zur standortangepassten Bewirtschaftung ergreifen, um den Boden vor Erosion zu schützen. Möglichkeiten wären beispielsweise zusätzliche Grünstreifen, die Bodenbearbeitung quer zum Hang oder überhaupt die Anpassung der Fruchtfolge.
Grünstreifen in einem Gemüsefeld bedeuten aber wirtschaftliche Einbussen und Mehraufwand. Das ist ein Nachteil für die Gemüseproduktion in Hügelgebieten im Vergleich zu Betrieben in flachen Gebieten.
Die Gemüseproduktion in roten Gebieten wird schwieriger und aufwändiger, das ist klar. Ich rate solchen Betrieben primär, mit anderen Landwirten in der Gegend Flächen abzutauschen, um so zu grünen Flächen zu kommen. Das Erosionsrisiko ist auf diesen ebenen Flächen stark vermindert. Kann er das nicht, dann zeigt ihm die entsprechende Vollzugshilfe (siehe Link) präventive Massnahmen auf, die er ergreifen kann. Diese werden dann mit Punkten bewertet. Vier sind nötig um den ÖLN zu erfüllen. Dabei werden alle Parzellen einzeln betrachtet; entsprechend können Pluspunkte gesammelt werden. Der Landwirt kann einen zusätzlichen Punkt erzielen, indem er eigene Ideen zur Verminderung der Erosion umsetzt.
Neu muss ein Gemüseproduzent bereits bei erstmaligem Auftreten von Erosionsschäden mit Sanktionen rechnen. Ist das nicht zu hart?
Seit 1998 besteht eine Verordnung zur Belastung des Bodens. Diese macht den Bewirtschafter dafür verantwortlich, dass an seinem Standort keine Erosion entsteht. Weil man dachte, dass die Landwirte von selbst und in ihrem eigenen Interesse Massnahmen zur Verhinderung von Erosion ergreifen würden, hat der Bund vorerst eine abwartenden Haltung eingenommen. Untersuchungen in den letzten zehn Jahren haben aber gezeigt, dass die Erosion auf Schweizer Äckern ein ernst zu nehmendes Problem ist. Mit dem nun verschärften Sanktionierungssystem wollen wir die, die bisher zu wenig gemacht haben, dazu bringen, endlich einen Schritt vorwärts zu machen. Sanktioniert wird aber nur, wer nachweislich ungenügend vorbeugende Massnahmen ergriffen hat.
Und was passiert, wenn ein Sturm mit Starkregen über die Parzelle fegt?
Ausserordentliche Wetter-Ereignisse sind klar definiert und lassen sich dank Wetterradar auch nachträglich bestimmen. In solchen Fällen gilt das als Pech, und es werden keine Sanktionen ausgesprochen, sofern die Bewirtschaftung standortangepasst ist. Das gilt übrigens auch, wenn beispielsweise Strassen ohne funktionierende Entwässerung in den Parzellen gebaut wurden.
Die Gemüseproduktion betrachtet die Verschärfung der ÖLN-Anforderung beim Erosionsschutz vor allem als zusätzliche Schikane.
Es geht uns nicht darum, die Gemüseproduzenten zu bestrafen. Wir setzen eigentlich nur die seit vielen Jahren geltenden Bestimmungen konsequenter durch. Unsere Böden müssen auch künftigen Generationen als Grundlage zur Verfügung stehen. Schäden durch Erosion sind nicht mehr nachträglich reparierbar. Deshalb muss man das Problem ernst nehmen. In Deutschland übrigens sind die Bestimmungen strenger. Dort müssen auf allen rot eingefärbten Flächen zwingend Massnahmen ergriffen werden, unabhängig davon ob es Erosion gibt oder nicht. Bei uns ist die Erosionsrisikokarte primär ein Beratungsinstrument. Wir trauen dem Landwirt zu, dass er selbst die richtigen Lösungen für seinen Betrieb finden wird. Bei Bedarf kann die Beratung helfen.
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