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Die Bauern spielen nur noch eine Nebenrolle (Handelszeitung,20. März 2002)

AGRIGATE Das Internetportal für die Agrarwirtschaft hat die Vorgaben verfehlt: Der Umsatz fiel mit nur gerade 160000 Franken enttäuschend aus, derweil der Verlust 5 Millionen Franken erreichte. Jetzt reagieren die Gründer – und erfinden das Portal neu. Sie wollen aus Agrigate einen „Internetpartner für die Agrarwirtschaft“ machen, der E-Lösungen für KMU anbietet.Zweistellige Millionenbeträge wollten die Betreiber von agrigate im ersten Jahr umsetzen. In dieser Grössenordnung sollten Bauern Dünger, Pflanzenschutzmittel, Futter oder Maschinen über die Landwirtschaftsplattform im Internet kaufen.

Ein Jahr später macht sich Ernüchterung breit. Nur gerade 160’000 Franken setzte Agrigate im vergangenen Geschäftsjahr um, wie die Landwirtschaftszeitung „Schweizer Bauer“ berichtete. Der Verlust hingegen betrug happige 5 Millionen Franken. Agrigate verteidigt sich und sagt, dass die Plattform nur gerade vier Monate online war. Die restliche Zeit ging für Aufbau- und Entwicklungsarbeiten drauf. Zumindest die technischen Voraussetzungen wären gut: mehr als 30 Prozent der Schweizer Bauern besitzen einen Internetanschluss. Trotzdem kaufen sie den Dünger und das Saatgut immer noch vor allem bei der regionalen Landi oder beim bekannten Händler ein. „Der E-Commerce hat sich nicht nur bei uns anders entwickelt, als wir uns das vorgestellt hatten“, zeigt sich COO Urs Koller ein Jahr nach dem Start von Agrigate desillusioniert. Der Handel, der sich über das Portal abspiele, sei unbedeutend. „Die Bauern nutzen Agrigate in erster Linie als Informationsplattform“, bestätigt Verwaltungsratspräsident Pascal Spielmann. 40’000 Leute tummerln sich nach seinen Angaben monatlich auf der Plattform. 2500 haben sich bie Ende Jahr als Benutzer eingeschrieben, gehofft hatten die Gründer auf 15’000 bis in zwei Jahren.

Preise nur auf Anfrage

Und der Einkauf auf Agrigate ist schwierig. Denn Preise gibt es nur auf Anfrage. Dei Grosshändler haben kein Interesse daran, den Zwischenhandel auszuschalten udn so ihr Kerngeschäft zu untergraben. „Wir sind vor allem am Business-to-Business-Geschäft interessiert“, erklärt Dieter Schöni von der Calcium AG in Olten. Seine Firma bietet ihre Produkte zwar auch auf Agrigate an, „doch unsere Zielgruppe sind die Händler und nicht der Endverbraucher“.

Firmen, die beim Start von Agrigate im vergangenen Jahr ihre Preise offenlegten, wurden schnell unter Druck gesetzt und zogen sich zurück. Der Traum von tieferen Preisen dank mehr Markttransparenz war damit auf Agrigate ausgeträumt. „Die Hersteller sträuben sich gegen die Offenlegung der Preise, obwohl ihnen schon im vergangenen Jahr die Möglichkeit geboten wurde, die Wiederverkäufer in den Internetverkauf einzubinden“, betont Urs Koller. Die Verantwortlichen haben reagiert und das Geschäftsmodell den Gegenbenheiten angepasst.

Online-Beratungen statt Saatgut

Angeboten werden nun in erster Linie „E-Business-Lösungen“ für KMU im Agrarsektor. Agrigate sieht sich heute gemäss Urs Koller vor allem als „Internetpartner für die Agrarwirtschaft“, wie auch der neue Werbeslogan lautet. Im angepassten Geschäftsmodell spielen Saatgut und Düngemittel nur noch eine untergeordnete Rolle.

Im Fokus stehen nun die KMU des Agrarsektors, denen man Internetlösungen und Beratung anbietet. Der Personalbestand wurde von 24 auf 15 Mitarbeitende reduziert, die sich vorwiegend mit Technologien und E-Marketing-Services beschäftigten. Über Umsatzziele will die Geschäftsleitung von Agrigate keine Auskunft geben, auch hier scheint man aus der Vergangenheit gelernt zu haben.

Die Bauern spielen vorläufig nur noch eine Nebenrolle. Auf dem Portal Agrigate sollen sie sich in erster Linie informieren und sich erst zu einem späteren Zeitpunkt auch präsentieren können. Trotzdem hält Pascal Spillmann am Ziel fest: „Der elektronische Handel über Internetplattformen wird für die Bauern sicher an Bedeutung gewinnen. Schon heute werden über Agrigate erfolgreich Zuchttiere versteigert und Occasion-Maschinen ausgetauscht. Bis zum regen Online-Handel von Dünger und Saatgut werden aber noch mehrere Jahre vergehen.“ Mit der Ameropa Holding aus Binningen konnte im Herbst immerhin ein neuer Investor gewonnen werden, der sich vom neuen Geschäftsmodell überzeugen liess. Zusammen mit dem bisherigen Investor Raiffeisenkassen gab es im Herbst noch einmal eine Finanzspritze, die Agrigate endlich zum Durchbruch verhelfen soll.

Veröffentlicht in Blog

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