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Bunte Karottenpracht von der Bijou-Gemüsegärtnerei

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Urs Baumann pflanzt verschiedene Karotten-Sorten an.

Seit Generationen fahren die Baumanns mit ihrem Biogemüse auf den Markt zum Bundesplatz in Bern. Weitherum bekannt sind die farbigen Rüebli, die jetzt im Herbst wieder aktuell sind.

Seine Parzellen würden problemlos als Gemüse-Schaugarten durchgehen: Bio-Knospe-Gärtner Urs Baumann baut im bernischen Kirchdorf schon fast unglaublich viele verschiedene Gemüse an. Manche Exoten stehen dort zwischen klassischen Kopfsalaten, verschieden farbigen Randen oder Sellerie. Zum Beispiel die peruanische Sauerkleeknolle. Die Beschaffung der in der Schweiz fast unbekannten Saatknollen war sehr schwierig. «Von einer Frau, die diese für Pro Specie Rara anbaut und vermehrt, erhielt ich nur ein paar wenige Exemplare», sagt Baumann. Fündig wurde er schliesslich über das Internet auf einem Biobetrieb in Deutschland. Hartnäckigkeit zahlt sich eben aus. Seine Kundschaft dankt es ihm. Die Vielfalt und das Experimentieren mit unbekannten Gemüsen ist sein Markenzeichen. Wie schon sein Urgrossvater, sein Grossvater und sein Vater fährt er mit seinem Gemüse zwei Mal pro Woche zum Markt auf den Bundesplatz in Bern.

Schwieriges Karottenjahr

Auf dem 19 Meter langen fahrbaren Marktstand liegen jetzt im Herbst endlich auch wieder die verschieden farbigen Karotten auf. Elf Sorten sind es heuer, das aber nicht als gutes Karottenjahr in die Geschichte eingehen wird. Die Anbaubedingungen waren alles andere als ideal: «Platzregen schwemmten die frische Saat mehrmals mit samt der Erde weg», sagt Urs Baumann. Und auch sonst war das Wetter im Frühling nicht ideal. Die Ernte habe sich dadurch extrem verzögert. Auch weil sich in seinem Sortiment heikle Kandidaten von Pro Specie Rara befinden, die schon unter normalen Bedingungen Mühe haben überhaupt auszukeimen. Teilweise musste er mehrmals nachsäen, um doch noch einen Ertrag zu haben. Zudem war es oft so nass, dass nicht maschinell zwischen den Reihen gehackt werden konnte. In diesem Fall gebe es dann nur eines: «Jäten von Hand, was natürlich viel mehr Zeit braucht.» Glücklicherweise waren noch genug letztjährige Karotten der alten Tessiner Sorte Gniff im Kühllager. Die Qualität der aussen violetten und innen weissen Karotte sei trotz relativ langer Lagerung erstaunlich gut gewesen, sagt der Biogemüsegärtner. Mit ihr konnte er die Kundschaft auf dem Markt wenigstens etwas bei Laune halten bis er endlich die ersten diesjährigen Karotten ernten konnte.

Besondere Ansprüche der Kundschaft

In Kirchdorf wachsen auch Artischocken und Kardy.
In Kirchdorf wachsen auch Artischocken und Kardy.

Die Bijou-Gärtnerei mit ihren knapp vier Hektaren Fläche ist das Gegenmodell zu den grossen, auf maschinelle Effizienz abgestimmten Karottenanbauern. Baumann lacht: «Die Kollegen würden beim Anblick meiner Rüebli-Parzellen vermutlich nur den Kopf schütteln.» Elf verschiedene Karottensorten, jede mit anderen Reihenabständen und Pflegeanforderungen und das bloss auf ein paar Aren Fläche. Zudem verzichtet er auf den sonst üblichen Anbau auf Erddämmen. Die Karotten würden bei diesem System zwar länger und schöner werden, doch das sei von der Mechanisierung her bei ihm nicht möglich, erklärt er. Auch er muss natürlich effizient arbeiten, schliesslich muss er seinen drei Arbeiterinnen und Arbeitern sowie den Verkäuferinnen auf dem Markt Ende Monat ihren Lohn bezahlen. Dem Preisdruck bei den «normalen» Nullachtfünfzehn-Karotten und den strengen Qualitätsanforderungen der grossen Abnehmer ist er trotzdem weniger ausgesetzt. Natürlich muss die Qualität auch bei den Kirchdorfer Karotten stimmen. «Bei meiner Kundschaft darf ein Rüebli aber auch einmal zwei Beine haben.»  Zu ihm kommen die Leute ja gerade, weil hier die Pariser Karotte klein und rund ist, die lila Drachenkarotte dünn und lang oder die zweifarbige dunkelviolette Purple eine kurvige Form hat. Auch das traditionelle Küttiger Rüebli baut Baumann an. Die weisse Pro Specie Rara Sorte wurde einst im Aargauer Dorf Küttigen von Bäuerinnen im Frühling in die Gerste eingesät und zur Konservierung gehobelt und eingesäuert. Heute wird sie nicht nur von Gourmets geschätzt sondern auch von Chrom-Allergikern: «Eine Kundin machte mich darauf aufmerksam, dass weisse Sorten kein Chrom enthalten, das sonst als natürliches Spurenelement in den Karotten vorkommt», erklärt der dreifache Familienvater.

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Die Sorte Nutri-Red ist durch Kreuzung einer japanischen lycopinreichen Sorte mit einer herkömmlichen Karotte entstanden.

Heikle traditionelle Sorten

Wer schon versucht hat, Karotten im eigenen Garten auszusäen, hat eine Idee davon, wie schwierig die Kultivierung des Wurzelgemüses tatsächlich ist. Moderne Sorten wurden im Zuchtlabor so optimiert, das sie gut auskeimen, viel Ertrag geben und gegen Pflanzenkrankheiten besser bestehen. Auch deshalb haben sie traditionelle Sorten verdrängt, deren Anbau mit mehr Risiken verbunden ist. In diesem Jahr hat Urs Baumann dies wieder einmal besonders stark zu spüren bekommen. Beispielsweise bei der tiefroten alten Karottensorte Nutri-Red. «Sie hat wenig üppiges Kraut und unterdrückt deshalb das Unkraut weniger», erklärt er. Bei den üblichen Industriesorten entwickeln Karotten viel Kraut. Dadurch gelangt dann kaum mehr Licht auf den Boden und das Auskeimen von Unkrautsamen wird verhindert. Zudem muss er als Biogemüsegärtner mit Schädlingen leben. Wie beispielsweise den Maulwurfgrillen, die sich an den Karottenwurzeln gütlich tun aber kaum bekämpft werden können. Denn im Biolandbau ist die Chemiekeule bekanntlich tabu. «Wir müssen wohl oder übel mit solchen Schädlingen leben.»

Anbau seit vier Generationen

Ausser ein paar indische Laufenten zur Schneckenbekämpfung und einigen Haustieren, leben keine Tiere auf dem Biogemüsebetrieb der Baumanns. Als Dünger setzt Urs Baumann deshalb vor allem Kompost ein, der aus eigenen Rüstabfällen gewonnen wird. Wegen der Übertragung von Krankheiten- oder Schädlingen auf die Folgekultur ist die Fruchtfolge im Gemüsebau extrem wichtig. Grundsätzlich sollte nie zwei Mal hintereinander die gleiche Kultur angebaut werden. In einigen Fällen sind sogar mehrjährige Anbaupausen nötig. Auf Betrieben mit so vielen verschiedenen Kulturen ist die Gestaltung der Fruchtfolge natürlich besonders anspruchsvoll. Damit sich der Boden erholen kann, sind in der Fruchtfolge zudem immer 20 Prozent der Ackerfläche mit Gras bedeckt. «Nur so ist es überhaupt möglich, den Boden über mehrere Generationen fruchtbar zu halten», erklärt Baumann. Bei ihm geht das offenbar auf: «Mein Urgrossvater verkaufte 1911 erstmals Gemüse aus Kirchdorf auf dem Bundesplatz in Bern». Die Chancen stehen also gut, dass dort auch in den nächsten 100 Jahren Gemüse vom «Bio-Buume» verkauft wird.


Spezielle Gemüse aus Kirchdorf

Es vergeht kaum ein Jahr, in dem Biogemüsegärtner Urs Baumann nicht eine neue Kultur ausprobiert. Artischocken und Kardy beispielsweise stehen schon seit einigen Jahren auf dem Betrieb. Oder der hocharomatische Palmkohl Nero die Toscana, der auch im Blumenbeet eine gute Figur macht. Aus der Zimtkartoffel erhebt sich im rohen Zustand ein zarter Zimtduft. Auf der Zunge erinnert er dann mehr an Senf und Meerrettich. Stachys stammen ursprünglich aus China, die Knollen erfreuen sich in der Schweiz zunehmender Beliebtheit, sind aber wegen der Handernte sehr aufwändig im Anbau. Der weiss-rote Rettich fällt durch sein Farbmuster und das milde knackige Fruchtfleisch auf. Ganz neu wächst auf dem Biogemüsebetrieb roter Chinakohl.


Portrait

Urs und Lilian Baumann mit den drei Kindern Nina, Jens und Lucy leben in dritter Generation auf dem Biogemüsebetrieb in der Weiermatt in Kirchdorf BE. Rosmarie und Ruedi Baumann-Steffen führten den Betrieb früher während 30 Jahren. Heute leben die Grosseltern im Stöckli, arbeiten aber immer noch auf dem Betrieb mit. Mit den zusätzlichen drei Angestellten werden über 100 verschiedene Gemüsesorten angebaut, die auf dem Wochenmarkt auf dem Bundesplatz in Bern und im eigenen Hofladen verkauft werden. Urs Baumann ist bekannt für seine Experimentierfreudigkeit mit «exotischem» Gemüse. Nicht nur eine treue Stammkundschaft sondern auch Gastronomen lassen sich immer wieder von seinen Spezialitäten inspirieren.

www.bio-baumann.ch

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