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Brasilianisches Steak in der Landbeiz*

Die Mutterkühe grasten gemütlich auf der Weide. «Jööh, schau dieses Kälbchen», sagte mein Sohn. Ich erklärte ihm, dass wir in einer halben Stunde das Fleisch von dieser Herde auf dem Teller haben werden. Denn wir befanden uns auf dem Weg zum Restaurant etwas weiter oben, dem Pachtbetrieb des Biobauern, dem die Herde gehört. Ein gutes Beispiel fand ich, um meinen Kindern die Vorzüge regional geschlossener Kreisläufe zu erklären. «Frisches Steak mit Pommes Frites» stand vielversprechend auf dem Schild vor dem Restaurant.

Immer noch unter Einfluss der romantischen Kuh-Idylle von etwas weiter unten auf der Weide bestellte ich ohne gross zu überlegen das propagierte Menü. «Das Fleisch kommt doch von hier?», fragte ich dann schliesslich doch noch, nur um sicher zu gehen. Ein fragender Blick kam zurück: «Da muss ich meine Chefin fragen». Diese kam dann ziemlich schnell herangebraust. Nein, das Fleisch komme aus Brasilien. Und das, obwohl politisch und ökologisch korrektes Fleisch vor der Haustüre steht? Diese könnten gar nicht genug Entrecôtes liefern für das Restaurant, erklärte sie kurzum. Und dann kam es: «Und es wäre schlicht zu teuer!» Da soll mir noch einer weismachen, dass die Leute bereit sind, für Schweizer Qualität tiefer ins Portemonnaie zu greifen. Nicht einmal in einem so offensichtlichen Fall wie bei dieser von Ökowiesen und alten Apfelbäumen umgebenen Landbeiz.

Oder fehlt es einfach am Willen bei den Gastronomen? Auch sonst finde ich auf der Menü-Karte nämlich kein einziges «CH». Er lasse seinen Pächtern bei der Menügestaltung freie Hand, sagt mir der Besitzer des Restaurants auf Anfrage. Der Biobauer ist übrigens grüner Grossrat im Kanton Aargau. Meine Schlussfolgerungen: Entweder wird der Wert der «Swissness»  überschätzt oder die Gastronomie hat es also Marketing-Argument noch nicht entdeckt. Ich bestellte das brasilianische Steak trotzdem und es schmeckte ausgezeichnet. Vielleicht ist das ja das Problem.

*Dieser Text ist als Kolumne in der Lebensmittel-Fachzeitschrift Alimenta erschienen

Veröffentlicht in Blog

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