Zum Inhalt springen →

Bodenschonend in den Gemüsefeldern unterwegs

titel_meierDer Boden ist das wichtigste Kapital eines Gemüsebaubetriebs. Die kurzfristig ausgerichteten Anforderungen des Marktes machen die nachhaltige Bodennutzung aber fast zur Herkulesaufgabe. Lösungen reichen von permanenten Fahrspuren bis zu Raupenfahrzeugen.

Wenn der Markt nicht warten kann, muss der Gemüsegärtner tun, was er sonst nicht machen würde: Er schickt seine Arbeiter mit schweren Erntegeräten auf die nassen Felder. Weil aber alle wissen, dass im Schlamm versinkende Arbeitsmaschinen für den Boden alles andere als gut sind, suchen viele nach bodenschonenden Lösungsansätzen. Fixe Fahrspuren wären eine. Dabei werden Produktions- und Befahrungsfläche getrennt. Die Überlegung dabei: Man vereinheitlicht die Beetbreite und «opfert» einen Anteil der Ackerfläche für die Befahrung der Pflege- und Erntegeräte damit der grosse Rest frei von Verdichtungen bleibt. Das grosse Thema ist hier der Anteil der Fahrspuren an der Gesamtfläche, die für die Produktion ausscheidet.
Im Gemüsebau mit seinem weitverbreiteten Beetanbau drängen sich permanente Fahrspursysteme aber geradezu auf, Controlled Traffic Farming (CTF) ist dabei die konsequent weitergedachte Optimierung. Bereits in den 1970er- und 1980er-Jahren zeigte sich in holländischen Feldversuchen, dass durch die permanente Trennung von Fahrspuren und Wachstumsraum im Frühjahr drei Mal mehr Feldarbeitstage zur Verfügung standen. Für die Bodenbearbeitung wurde dabei 15 bis 50 Prozent weniger Energie benötigt. Der Boden war zudem deutlich besser durchlüftet und die Erträge von Wurzelgemüse lagen bis zu zehn Prozent höher. Zur Praxisumsetzung von CTF fehlte aber noch ein wichtiges Element: Ein Lenksystem, mit welchem zuverlässig die je nach Kultur kaum sichtbaren Fahrspuren gefunden werden können und das die Fahrzeuge automatisch auf Spur hält.

Fixe Fahrspuren dank GPS

Martin Holpp von der Forschungsanstalt Agroscope in Tänikon (ART) beschäftigt sich seit einigen Jahren intensiv mit CTF. Er tauscht sich regelmässig mit Forschern und Beratern in Europa und Übersee aus. «Mit dem Aufkommen satellitenbasierter Lenksysteme für Traktoren begann sich CTF in der Praxis zu verbreiten», sagt der Forscher. «Neben Ackerbauern nutzen heute vor allem Gemüsebaubetriebe in Holland, Dänemark und auf der südaustralischen Insel Tasmanien CTF.»
Seit sich die Satellitennavigation auch auf Schweizer Gemüseäckern langsam aber sicher durchsetzt, ist das System auch bei uns praktikabler geworden. Vor allem Lohnunternehmen und grössere Gemüsebaubetriebe investieren in Lenksysteme. Diese entlasten den Fahrer vom Lenken. Er kann sich deshalb besser auf die Kontrolle der Anbaugeräte konzentrieren. «Zudem erleichtern die schnurgeraden Reihen den Einsatz von Hackgeräten und Unterblattspritzvorrichtungen wie Droplegs. Die Lenksysteme bieten sich auch zur Einrichtung von permanenten Fahrgassen an», sagt Holpp.

Herausforderung Spurweiten und Arbeitsbreiten

Eine der Hauptherausforderungen bei der Anwendung von CTF sind die verschiedenen Spurweiten und Arbeitsbreiten der eingesetzten Maschinen. Beim ursprünglichen CTF-Spursystem sind einheitliche Spurweiten von 3.20 Meter und aufeinander abgestimmte Arbeitsbreiten nötig, um einen Anteil von weniger als zehn Prozent Befahrungsfläche zu erreichen. «In der europäischen Praxis sind diese Ansätze aber nur bedingt umsetzbar», so Holpp. Deshalb gebe es angepasste Lösungen. In Holland beispielsweise verwenden etwa vierzig Gemüseproduzenten das sogenannte Seasonal Controlled Traffic Farming (SCTF). Dabei erfolgen alle Arbeitsgänge auf 3.20 Meter verbreiterten Traktorspurweiten auf permanenten Fahrspuren mit Ausnahme der Ernte. Denn viele Erntemaschinen sind nicht in entsprechenden Spurweiten und Arbeitsbreiten verfügbar. Trotz diesem Kompromiss lohnt sich das Ganze: «Ein vierjähriger Vergleich zeigte, dass der Ertrag auf SCTF-Flächen durchschnittlich neun Prozent höher war als auf herkömmlich befahrenen Flächen», so Holpp. «Die klimaschädlichen Lachgas­emissionen sanken wegen der besseren Durchlüftung des Bodens um 20 bis 50 Prozent. Wurzelfrüchte wuchsen gleichmässiger, reiften einheitlicher ab und hatten bei der Ernte weniger Erdanhang. Zudem war die mechanische Unkrautbekämpfung im lockeren Boden dank den geraden Reihen einfacher.»
Bei den in Tänikon durchgeführten CTF-Untersuchungen wurde auf eine Umsetzung mit Standardmaschinen wert gelegt. «Uns ging es weniger darum, den Fahrspuranteil möglichst stark zu verringern, als vor allem die Arbeitsgänge mit schweren Radlasten zu kontrollieren», erklärt Holpp. Mit entsprechender Bereifung und niedrigem Reifeninnendruck stellten Traktoren in der Regel nämlich kein Problem dar. «Kritisch sind vor allem Pflegearbeiten mit dem Düngerstreuer und dem Pflanzenschutzgerät im Dreipunktanbau sowie Erntemaschinen und Transportfahrzeuge mit schweren Radlasten.» Bei der von Holpp propagierten Variante «CTF-light» werden permanente Fahrgassen mit höherer Tragfähigkeit nur für Arbeitsgänge benutzt, die mit schweren Radlasten und teils auch bei feuchten Bodenverhältnissen durchgeführt werden. Im Gemüsebau sind das beispielweise der Pflanzenschutz, die Düngung oder die Ernte. Die Nutzung bodenschonender Bereifung schützt die Fahrgassen vor unerwünschten, tiefergehenden Verdichtungen.

In der Schweiz noch am Anfang

Wegen des Flächenverlustes verzichteten bisher viele Schweizer Gemüseproduzenten auf fixe Fahrspuren. Für den GPS-erfahrenen Gemüsegärtner Reto Huber aus Sünikon eignet sich CTF nicht für Schweizer Verhältnisse: «Das ist vielleicht etwas für auf wenige Kulturen spezialisierte Betriebe in Holland.» Bei sich selbst habe er schlicht zu viele verschieden breite Arbeitsgeräte. «Wenn ich alle Maschinen auf die gleiche Arbeitsbreite bringen möchte, dann hätte ich zudem Probleme mit dem Strassenverkehrsgesetz», sagt der Gemüsegärtner. Trotzdem gibt es aber Betriebe, die sich in Richtung CTF bewegen.
Bei der Max Schwarz AG in Villigen werden seit dem letzten Jahr alle Anbauflächen mit GPS bewirtschaftet, auch die gepachteten Flächen. Produktionsleiter Toni Suter sieht in der Satellitennavigation vor allem wirtschaftliche Vorteile: «Durch den exakten Anbau werden Kulturverluste minimiert und Flächen gespart.» Es sei aber extrem wichtig, dass die erste Fahrspur genau an der Parzellengrenze liegt, die Marksteine müssten vorgängig gesucht werden. «Bis jetzt sind rund 80 Prozent der eigenen Fläche und 25 Prozent der von Landwirten abgegebenen Flächen erhoben und abgespeichert», sagt Suter. Im Laufe eines Fruchtfolgezyklus werde dieser Anteil stetig grösser. Den positiven Einfluss von fixen Fahrspuren auf die Bodenverdichtung betrachtet er zurzeit noch als Nebeneffekt. Für ihn entscheidender ist hier beispielsweise die erste Pflanzenschutzmassnahme auf dem Acker im Frühling: «Diese sollte nicht bei zu nassen Verhältnissen erfolgen um stehendes Wasser in den Fahrspuren zu vermeiden.» Die Fahrspuren auf den gepachteten Flächen werden bei der Max Schwarz AG zurzeit nach der Ernte mit einem Grubber bearbeitet. Das sei ein Teil der Abmachung. Suter kann sich aber vorstellen, dass der Weg in Richtung mehrjährige fixe Fahrspuren gehen könnte. Diese könnten langfristig auch auf den Pachtflächen eingeführt werden. Hier müsse man aber sicher das Gespräch mit den Landwirten suchen, sagt er.

Raupenfahrzeug als Alternative

Auf permanente Fahrspur-Diskussionen mit Pachtflächenbesitzern möchten sich Fritz und Markus Meier aus Dällikon ZH gar nicht erst einlassen. Das ist auch gar nicht mehr nötig: Die beiden Brüder setzen seit dem letzten Frühling auf ein selbstfahrendes Erntefahrzeug auf Raupen. Die Auflagefläche der Raupen beträgt 5 m2. Der Bodendruck beläuft sich also auf weniger als 300 g/cm2 und liegt bis zu zehn Mal tiefer als bei einem herkömmlichen Traktor. Und das bei einem Leergewicht von 11 Tonnen, allein die Raupen und das Antriebssystem wiegen 6 Tonnen. Das 160 000 Franken teure Gerät mit dem 120 PS Dieselmotor ist 6.60 Meter lang und 2,55 Meter breit. 18 Europaletten passen auf die Auflagefläche. Der holländische Hersteller Van den Beucken Machinebouw B.V. hat die Maschine auf Wunsch der Meiers mit zwei zusätzlichen Achsen mit normalen Rädern ausgestattet, die hydraulisch heruntergelassen werden können. «Der Traktor kann das Raupenfahrzeug bequem über die Strassen zur nächsten Parzelle ziehen, ohne eine Dreckspur zu hinterlassen», sagt Fritz Meier.

Satellitengesteuerte Lenksysteme im Gemüsebau (Agroscope)

Veröffentlicht in Blog

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..

Sie wollen mich kennenlernen?

eppenberger-media gmbh | David Eppenberger | Winkelstrasse 23 | CH-5734 Reinach AG | Fon ++41 (0)62 771 02 91 | Mobile ++41 (0)78 779 17 19 | info@eppenberger-media.ch | MwSt-Nr. CHE-114.677.787