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Biolegenhennen als Helferinnen in der Not

Die Nachfragekurve nach Bioeiern zeigt seit Jahren nach oben. Die Biolegehennen-Haltung ist auch für kleinere Betriebe interessant. Eine Biobauernfamilie im Luzerner Seetal nutzte die Chance.

Der Schock war gross vor vier Jahren: Damals erhielten Norbert und Angela Spiess überraschend die Kündigung für 12 Hektaren Pachtflächen. Damit halbierte sich die Anbaufläche ihres Biobetriebes im luzernischen Herlisberg fast auf einen Schlag. Die Bauernfamilie musste sich deshalb sehr ernsthafte Gedanken über neue Betriebszweige machen, die nicht allzu abhängig von der Fläche waren. Was von dieser übrig blieb, sollte möglichst dem Milchvieh und den Weidemasttieren zur Beweidung und für den Futterbau zur Verfügung stehen. Ein Berater brachte sie auf die Idee der Biolegehennen-Haltung. Dafür brauchte es einen Stall für 2000 Hühner und eine Hektare Grünlandfläche – pro Huhn fünf Quadratmeter – als Auslauf, wie es die Biovorschriften verlangen. Das passte zum «gestutzten» Betrieb. Mit der Bioeierhandelsfirma Hosberg AG aus Rüti ZH stand zudem ein Abnehmer bereit, der eigentlich permanent auf der Suche nach Produzenten ist. «Für Hosberg haben wir uns entschieden, weil die Firma als einzige Eierabnehmerin konsequent auf Bio baut», sagt Norbert Spiess. Zudem habe es menschlich von Anfang an gestimmt mit Hosberg-Gründer Alfred Reinhard. Vor dem Bau hätten sie gemeinsam mit ihm mehrere Ställe besucht. Auch sonst habe er sie gut beraten. Schliesslich sei alles sehr schnell gegangen: «Innerhalb von ein paar Monaten stand der neue Stall».

Verdichtet gebaut

Entschieden hat sich die Familie aus dem Luzerner Seetal für den Bau eines eher unüblichen zweistöckigen Stalls für rund 600’000 Franken. Mit der verdichteten Bauweise nutzten sie die knappe Fläche optimal. Zudem passt das hohe Gebäude ideal in den relativ steilen Hang. Die Hühner müssen um in den Auslauf zu kommen über eine Treppe von ihren Legenestern in den unteren Stock in den Wintergarten steigen. Von dort geht es ins Freie zum Rinden-Schlechtwetterplatz. «Wenn es mehr als 5 Millimeter pro Tag regnet, dürfen die Hühner gemäss Vorschriften drinnen im Wintergarten bleiben», sagt Spiess. Viel lieber ist ihm aber, wenn das Wetter gut ist. Dann sind die Hühner nämlich auf der Weide. Bio Suisse schreibt vor, dass den Hühnern dort schützende Büsche, Unterstände oder Bäume zur Verfügung stehen müssen. Von denen hat es reichlich auf dem Betrieb, der 380 Hochstammbäume bewirtschaftet. Deren Wurzeln muss Spiess aber mit Gittern und Abdeckungen vor den Schnäbeln und Krallen der Hühner schützen. Netze auf dem steilen Gelände schützen vor allem an den stallnahen Stellen vor zu festem Frass mit möglichen Erosionsfolgen. «Wenn das Gras zu hoch ist, überweide ich mit Kühen», sagt Norbert Spiess.

Krähende Hähne

Die Geflügelhalle besteht aus vier abgetrennten Abteilen. Die Biovorschriften verlangen, dass die maximal erlaubten 2000 Hühner pro Halle in vier Herden à 500 Stück abgetrennt werden. Auf einen Quadratmeter dürfen im Stall maximal fünf Legehennen kommen. Versuchsweise werden die Hühner zurzeit auf der Weide nicht mehr getrennt. Sie würden sich so besser verteilen und der Boden werde dadurch geschont. «Jedes Huhn findet aber von selbst wieder in den richtigen Stall zurück», sagt Angela Spiess. Durch das hohe Gras gucken braune und weisse Hühner, alles normale Hybridrassen. Die Durchmischung der Legehennen mit brauen und weissen Tieren sorgt für mehr Ruhe in der Herde. Es ist zudem Teil der Geschäftsphilosophie, dass in den ausgelieferten Eierkartons immer weisse und braune enthalten sind. Hosberg will damit ein Zeichen gegen die Tendenz nach Uniformität setzen, die auch vor den Bioprodukten nicht halt macht. Und noch etwas fällt auf: In der Halle kräht es ganz kräftig. Fünf Hähne pro Herde schauen im Stall und auf der Weide zum Rechten. Das ist zwar nicht zwingend vorgeschrieben wird aber von Fachleuten empfohlen. «Dank den Hähnen haben wir mehr Ordnung im Stall», sagt Norbert Spiess. Und der Hühnervogel falle auch weniger über die Hühner her.

 Fütterung als Knackpunkt

Und wie sieht es mit Krankheiten aus? Davon sei der Betrieb bis jetzt verschont geblieben, sagt Spiess. Ein Problem sei allenfalls der Milbenbefall. Doch das habe man mittlerweile unter Kontrolle. Die Fütterung ist in der Biolegehennen-Haltung besonders anspruchsvoll. Zumal sie zu hundert Prozent aus biologischer Produktion stammen muss. Als Futter verwendet Spiess ab dem nächsten Umtrieb neu eine Mischung nach der Rezeptur von Hosberg. Der Kalzium-Anteil sei darin etwas geringer als vorher, sagt Spiess. Bei ihm erhalten die Legehennen als Ergänzung  kalziumreiche Austernschalen in die Körnermischung. Als gute Eiweissquelle dient zudem das Gras von der Wiese. «Allerdings erst wenn es kurz ist», sagt Spiess. Bei zu langem Gras, gebe es eher Probleme im Kropfbereich der Hühner.

 Stabile Preise

Zwei Mal in der Woche fährt in Herlisberg der Hosberg-Lastwagen vor, um die Eier abzuholen. Pro Ei erhält Spiess 43,30 Rappen. Der Preis sei seit dem Start vor zwei Jahren gleich. Diese Kontinuität kommt bei den Hosberg-Produzenten gut an. Der grösste Teil der Produzenten hält ihrem Abnehmer seit Jahren die Treue, einige sind sogar Aktionäre. Zumal das Unternehmen aus dem Zürcher Oberland auch sonst die meisten organisatorischen Dinge regelt: Hosberg liefert von eigenen Aufzuchtbetrieben Junghühner, plant die Herden und vermarktet die Eier. Als Besonderheit übernimmt Hosberg die ausgedienten Hühner zur Schlachtung von seinen Produzenten sogar kostenlos. Vor Jahren war es Alfred Reinhard, der die Verarbeitung von Althennen-Fleisch beispielsweise zu Würsten anstatt der ethisch fragwürdigen Entsorgung in der Biogasanlage initiierte. Das zeige, dass Reinhard das biologische Gedankengut in sich trage, sagt Spiess. «Und das passt zu uns!»

Veröffentlicht in Blog

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