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Biogemüseproduzenten wollen langfristig ohne CMS-Sorten auskommen

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Die Cytoplasmatische Sterilität (CMS) kommt natürlich in Gemüsesorten vor. Sie wird von den Zuchtfirmen aber in Kulturen wie Kohl oder Chicorée mit zelltechnischen Methoden künstlich eingekreuzt. Das sorgt für Diskussionen in der Biobranche.

Die Schlagzeile in der Sendung WISO des zweiten deutschen Fernsehens war deftig: «Gentechnik in Biomärkten!» Was war passiert? Ein Labor wies im letzten Sommer in Bio-Brokkoli und -Chicorée die Erbsubstanz von japanischem Rettich nach. «Beim frischen Brokkoli waren 60 Prozent und beim Chicorée 40 Prozent der Proben positiv, also gentechnisch verändert», steht heute noch auf der ZDF-Homepage.
Aber um was ging es wirklich? Um die Verwendung von sogenanntem CMS-Saatgut, das heute bei Kohlarten und Chicorée gang und gäbe ist. CMS steht für Cytoplasmatische männliche Sterilität. Sie kommt in vielen Pflanzenarten und Gemüsen wie Karotten, Zwiebeln oder Lauch natürlich vor. Die grossen Saatgutfirmen kreuzen die CMS aber seit Jahren eben auch bei Kohlarten und Chicorée mit Hilfe der sogenannten Cytoplastenfusion ein. Dabei werden kernlose Zellen beispielsweise aus dem japanischen Rettich, bei denen CMS natürlich vorkommt, mit Zellen der Zielspezies fusioniert. An den Genen wird dabei nichts verändert, es handelt sich deshalb auch nicht um Gentechnologie im eigentlichen Sinne, auch rechtlich nicht. Trotzdem kommen solche Methoden besonders in sensiblen Kreisen, wie der Kundschaft von biologischen Produkten, nicht besonders gut an. Obwohl die Schlussfolgerung der ZDF-Journalisten sehr undifferenziert daherkommt, war also klar, dass solche Aussagen zu Diskussionen führen mussten, was dann auch der Fall war.

Ohne CMS schlechtere Qualität

Die Zuchtfirmen verwenden die CMS-Technologie vor allem, weil sie die Saatgutproduktion vereinfacht und sicherer macht. Der genetische Austausch wird dank CMS zudem verunmöglicht und der F1-Hybride ist inzuchtfrei. Diese Eigenschaften wirken sich für die Firmen nicht zuletzt positiv auf die Kosten aus. Für die konventionelle Gemüseproduktion sind CMS-Sorten soweit kein Problem. Für Schweizer Biogemüseproduzenten könnte es aber bald zu einem werden. Viele Anbauverbände in den Nachbarländern haben die Verwendung von CMS-Sorten bereits verboten (siehe Gemüsebau 2/2013).
Was würde ein solches Verbot in der Schweiz bedeuten? «Das hätte gravierende Folgen auf die Qualität, Menge und den Preis von einzelnen Gemüsen», sagte Stephan Müller – Präsident Fachkommission Gemüse von Bio Suisse – anlässlich der Jahrestagung Gemüsebau im Januar. Besonders betroffen wären die Kohlarten und Chicorée. Nun will man das Thema in der Branche in der Schweiz proaktiv angehen. Der Verband könne sich langfristig eine «CMS-freie Zeit» auch in der Schweiz vorstellen, sagte Müller. «Allerdings nicht um jeden Preis!» Das Problem: Vor allem bei Kohlarten sind kaum mehr CMS-freie Sorten im Angebot. Von den grossen Zuchtfirmen arbeitet nur Bejo Zaden an neuen CMS-freien Sorten. Trotzdem habe man sich nun auf die Suche nach weiteren möglichen Alternativen gemacht, sagte Martin Koller vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) an der gleichen Tagung. Dabei werden vor allem wieder ältere Sorten zum Thema. Beim Blumenkohl beispielsweise sind von den 14 wichtigsten CMS-freien Sorten fast zwei Drittel älter als zwanzig Jahre alt. «Natürlich ist es fraglich, wie mit solchen Sorten die hohen heutigen Anforderungen des Handels erfüllt werden können», sagte Koller.

Abnehmer sind gesprächsbereit

Vertreter des Detailhandels waren dabei, als sich im Januar alle Beteiligten zu einem Workshop trafen, um das weitere Vorgehen zu diskutieren. Dabei waren sich die Branchenvertreter offenbar einig, dass ein sofortiges oder verfrühtes Verbot von CMS-Broccoli oder -Blumenkohl nicht zum Ziel führt. Es wurde aber eine Arbeitsgruppe gebildet, die die Rahmenbedingungen für den «Einstieg in den Ausstieg» beim Anbau von CMS-Sorten festlegen soll. Einige Leitplanken wurden bereits gesetzt: So soll jede Kultur und deren Verfügbarkeit von alternativen Sorten separat betrachtet werden. Zudem sollen Vorschläge für die Kommunikation des heiklen Themas ausgearbeitet und der Kontakt zu ausländischen Verbänden gesucht werden, schreibt die Zeitschrift «bio aktuell».

Zum Beitrag des ZDF

Veröffentlicht in Blog

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