
Damit der Lauch von Bioleguma in Ried bei Kerzers gut wächst, braucht es einen sorgfältig gepflegten, fruchtbaren Boden. Der unüberlegte Einsatz von Maschinen auf zu nassen Flächen kann fatale Folgen haben.
Hier im Berner Seeland sind die Unterschiede zwischen biologischer und konventioneller Landwirtschaft schon fast greifbar. Denn im kleinstrukturierten «Gemüsegarten der Schweiz» grenzen biologische oft an konventionell bewirtschaftete Flächen. Ein paar Schritte reichen deshalb aus, um zwischen den beiden Anbausystemen zu switchen. Gut sieht man den Unterschied beim Lauch: Kurze etwas bleiche stehen neben strammen, intensiv grünen Stangen. «Letztere sind sicher mehr gefüttert worden», erklärt Biogemüsegärtner Rolf Etter von der Betriebsgemeinschaft Bioleguma in Ried bei Kerzers. Damit meint er, dass der konventionelle Lauch vor allem dank reichlich Kunstdünger zu dieser Form auflaufen konnte. Sein Bio-Knospe-Lauch schmecke aber trotzdem besser, findet er. Was vermutlich auch mit der längeren Wachstumszeit zu tun habe. «Unser Lauch hat mehr Zeit, um sich zu entwickeln, was sich positiv auf die Qualität auswirkt.» Sein Lauch wächst zudem in einem anspruchsvolleren Umfeld auf: Seinen Nährstoffbedarf muss der Biolauch aus weniger ergiebigen organischen Biodüngern sowie aus im Boden gespeicherten Vorräten decken. Damit das überhaupt möglich ist, wird der Erhalt der Bodenfruchtbarkeit zur zentralen Aufgabe.
Der Boden muss gepflegt werden

In der letzten Woche hat es in der Region viel geregnet. Das sind die schwierigen Momente für einen Gemüsegärtner, der dringend Lauch ernten muss, um alle Bestellungen erfüllen zu können. Für Rolf Etter stellt sich dann die Frage: den Lauch mühsam von Hand ernten oder doch mit der Maschine? In einer konventionellen Parzelle nebenan sieht man, was passiert, wenn man zu früh mit schweren Maschinen auf den nassen Acker fährt: Ein tonnenschwerer Zuckerrübenernter hat dort sichtbar seine Spuren hinterlassen. Die so entstehenden Verdichtungen können sich fatal auf die besonders im Seeland bereits sehr stark beanspruchten ehemaligen Moorböden auswirken. Es gebe Flächen, wo regelrecht Raubbau betrieben werde, sagt Rolf Etter. Er zeigt auf eine andere Nachbarparzelle, wo es kaum noch eine Humusschicht gibt und die fortlaufende Erosion bereits die Wasserschächte freigelegt hat. «Ich bin mir nicht sicher, ob solche Flächen in zehn Jahren überhaupt noch bewirtschaftet werden können.» Der Boden nebenan, auf dem sein Lauch wächst, sieht anders aus. Er zieht einen Lauch heraus, und krümelige Erde löst sich von der Wurzel. Ein Zeichen, dass hier dem Boden die notwendige Beachtung geschenkt wird. Überhaupt sei Lauch eine ideale Kultur für den Boden, weil er diesen stark durchwurzle und zudem relativ lange auf dem Acker stehe und so den Boden vor Erosion schütze.
Rationelle Bewirtschaftung auch hier

Obwohl Bioleguma seit letztem Jahr in Murten den eigenen Bioladen «La Ferme 1794» betreibt, liefert die Betriebsgemeinschaft den grössten Teil der Ernte an den Detailhandel aus. Permanente Lieferbereitschaft ist hier eines der höchsten Gebote. Streng genommen passt dies aber nicht so richtig zum biologischen Landbau, der sich die Saisonalität und Ökologie besonders auf die Fahne geschrieben hat. Während des Biobooms der letzten beiden Jahrzehnte hat sich die Kundschaft aber daran gewöhnt, dass das Biogemüse-Gestell immer reichlich gefüllt ist, trotz Launen der Natur. Das gilt auch für Biolauch. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieser wegen ungünstiger Witterung frühzeitig aufstängelt und unbrauchbar wird, wie das im vergangenen Jahr bei Rolf Etter der Fall war. Ein schwieriger Moment für ihn: «So etwas hatte ich zuvor noch nie erlebt.» In solchen Momenten gilt es, die Ruhe zu bewahren. Der Betrieb ist auf grossen Mengen ausgerichtet und verfügt über ausreichend Flächen, um solche Lücken ausfüllen zu können. Eine rationelle Bewirtschaftung mit modernen Geräten ist nötig; auch weil der Preisdruck der Abnehmer immer grösser wird. Ein Roboter hinter dem Traktor hackt das Unkraut und arbeitet viel genauer und schneller als ein Mensch. So werden Fahrten minimiert, was den Boden freut. Auch geerntet wird der Lauch wenn möglich maschinell. «Das geht schneller und schont den Rücken», erklärt Rolf Etter. Trotz allem bleiben er und seine Kollegen aber den Grundsätzen des biologischen Landbaus treu. Schnellschüsse mit Stickstoffgaben wie im konventionellen Anbau gibt es nicht, auch wenn die Kultur gerade einmal nicht so wächst, wie sie sollte.
Fruchtfolgen sind entscheidend

Die Einhaltung der Fruchtfolge ist für die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit zentral und wirkt vorbeugend gegen Krankheiten und Schädlinge. Bioleguma befolgt eine fünfjährige Fruchtfolge auf der sich Gemüse wie Fenchel, Lauch, Brokkoli oder Salate sowie Getreide abwechseln. Jedes fünfte Jahr wächst auf der Fläche eine Wiese oder eine Kultur zur Gründüngung. «Damit verordnen wir dem Boden die Ruhepause, die er zwischendurch einfach braucht», erklärt der Biogemüsegärtner. Auf Bio Suisse Betrieben müssen auch deshalb mindestens 20 Prozent der Flächen begrünt sein. Ausserdem setzt der Betrieb auf Kompost. Dafür werden alle organischen Rüst- und Ernteabfälle inklusive den Tomatenpflanzen aus dem Gewächshaus in einem aufwändigen, ausgeklügelten Verfahren aufbereitet. Angereichert mit dem Mist der gegenwärtig 25 Kühe und Kälber der Pro Specie Rara-Rasse Räthisches Grauvieh entsteht ein besonders wertvoller Kompost, der die natürlichen Mikroorganismen im Boden belebt und zur Bildung der wichtigen Humusschicht beiträgt. Die Mutterkuhherde wird in den nächsten Jahren aufgestockt, damit die Flächen auf dem Betrieb künftig zu einem möglichst grossen Anteil mit eigenem, organischem Dünger in Form von Kompost versorgt werden können. Was auch immer an organischem Material anfällt, soll auf dem Betrieb als Dünger wiederverwendet werden. Die Nährstoffkreisläufe sollen künftig so noch konsequenter geschlossen werden.
Regenwürmer als eifrige Helfer

An diesem Tag im Herbst hat Rolf Etter sich für die maschinelle Ernte von Lauch entschieden. Der Boden ist soweit abgetrocknet, dass er dies verantworten kann. Der Traktor ist zudem mit breiten Reifen ausgerüstet, damit der Bodendruck nicht zu gross wird. Er zieht einen Lauch zur Probe aus dem Boden, mit dem Finger zeigt er auf silbrig-graue Flecken: «Thripse haben in diesem Jahr wieder volle Arbeit geleistet.» Die kleinen Insekten fügten dem Lauch massenhaft kleine Stiche zu, die vor allem ein ästhetisches Problem sind. Konventionelle Landwirte könnten die Schädlinge mit chemischen Insektiziden bekämpfen. Im Biolandbau ist das verboten. Biologische Bekämpfungsmittel würden zwar schon zur Verfügung stehen, nützten aber in diesem Fall nur wenig. Als Biogemüsegärtner muss er deshalb mit dem Schädling und dem höheren Rüstaufwand leben. «Die befallenen Blätter müssen weggeschnitten werden, die Kundschaft würde den Lauch sonst nicht mehr kaufen.»
Nebenan zieht der Vollernter den Biolauch aus der Erde und legt sie in grosse Holzpaloxen, die gleich danach zum Kühlraum gebracht werden. Dort bleiben sie bis zu vier Wochen, ohne dass die Qualität leidet. Mit der gelagerten Ware kann er Regenphasen überbrücken, in denen der Boden nicht befahren werden kann. Traktorspuren bleiben trotz allem auch jetzt auf der Bodenoberfläche zurück. Doch Etter zeigt auf kleine Löcher in der Erde in den Spuren, wo letzte Woche geerntet wurde: «Die Regenwürmer haben hier bereits wieder begonnen zu arbeiten», sagt Rolf Etter. Ein Zeichen, dass dieser Boden lebt.
Portrait

Bioleguma AG in Ried bei Kerzers ist eine Betriebsgemeinschaft, in der sich Rolf Etter, Jürg Frey, Roland Mäder und Roland Fasnacht zusammengeschlossen haben. Mit einer Gemüseanbaufläche von 60 Hektaren und weiteren 30 Hektaren Weideland und Ökoausgleichsflächen zählt sie zu den grösseren Biobetrieben in der Schweiz. Fast zehn Hektaren Lauch werden über das Jahr bewirtschaftet. Darunter auch Foodtainer-Lauch, bei dem nur der Stengel in gleich lange Stücke geschnitten wird zur Verwendung in der schnellen Küche. Andere Hauptprodukte im Freiland sind Fenchel, Brokkoli, Karotten, Salate und Kartoffeln. Im Gewächshaus wachsen Tomaten, Auberginen und Peperoni. Eine Mutterkuhherde mit gegenwärtig 25 Tieren liefert den Mist, der als Dünger für die Kulturen verwendet wird.
www.bioleguma.ch / www.laferme1794.ch
Lauch
Der Lauch stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum. Ausgesät in Kisten, werden sie als Jungpflanzen gestaffelt gesetzt und im Sommer, Herbst oder als Winterlauch im Frühling geerntet. Je nach Sorte ist der Schaft lang, kurz, dicker oder dünner. In der Küche kann der würzige Lauch vielfältig eingesetzt werden, als Gemüse in der Suppe, Beilage, auf Gemüsewähen oder vor allem auch in der asiatischen Küche. Lauch enthält Vitamin C, Vitamin K und Folsäure sowie viele Mineralstoffe und Spurenelemente.
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