Thomas Wyssa spricht im Interview mit dem «Gemüsebau» über Hygiene auf Schweizer Gemüsebaubetrieben. Der Präsident der VSGP-Kommission SAGÖL weist darauf hin, dass Bewässerungswasser ab nächstem Jahr neu einer Risiko-analyse unterzogen werden muss.
Wir befinden uns im Jahr Eins nach dem Aufkommen von Ehec in Deutschland mit den bekannten negativen Folgen für die Schweizer Gemüsebranche. Was hat sich bei der Hygiene seither in der Branche geändert?
Thomas Wyssa: Grundsätzlich schauen alle Gemüseproduzenten noch einmal mehr auf die Hygiene als vorher und haben zusätzliche Massnahmen ergriffen. Konkret in unserem Betrieb heisst das beispielsweise seit letztem Jahr: Händedesinfektionspflicht in den Gurkenkulturen. SwissGAP schreibt zudem vor, dass nach der Toilette die Hände gewaschen werden müssen.
Wie sieht es mit dem Toilettengang auf dem Feld aus. Laut SwissGAP müssten da im Extremfall sogar mobile WC-Häuschen stehen?
SwissGAP schreibt vor, dass innerhalb von sieben Minuten ein WC verfügbar sein muss. In vielen Fällen reicht diese Zeit, um zurück zum Betrieb zu fahren. Wenn ich weiter weg eine Fläche pachte, dann kann ich auch beim Verpächter oder bei anderen mir bekannten Leuten das WC benutzen. Diese pragmatische Lösung hat sich meines Erachtens bewährt.
Gibt es neue Hygienevorschriften, die noch nicht jeder Gemüseproduzent kennt?
Beim Bewässerungswasser verlangt SwissGAP ab dem nächsten Jahr die Erstellung einer Risikoanalyse. Sollte diese zeigen, dass ein Risiko für zu viele Keime bestehen könnte, müssten regelmässig Proben genommen werden.
Wo besteht ein Risiko?
Beispielsweise bei stehenden Gewässern wie Tümpeln oder künstlichen Bewässerungsteichen ohne Durchfluss, wo das Wasser nicht unbedingt regelmässig erneuert wird, wie in Fliessgewässern.
Wer führt die Risikoanalyse durch?
Bis jetzt ist das noch nicht klar definiert. Der Betriebsleiter kann das also selbst machen. Die Leute von SwissGAP haben versprochen, dass wir bis Anfang Jahr eine Checkliste erhalten. Aber es ist schon so: Vieles ist hier noch unklar.
Abnehmer und Verarbeiter sehen ein Risiko bei bei Wasser aus Flüssen und Bächen.
Die grössten Bedenken der Abnehmer sollten mit der Erstellung der Risikoanalyse ausgeräumt sein. Zudem weisen wir unsere Mitglieder darauf hin, dass das Gemüse vor der Auslieferung mit sauberem Trinkwasser gewaschen werden muss. Von Seiten des Verbandes sind wir auf der Suche nach entsprechenden Daten und Zahlen, aufgrund derer Risiken besser beurteilt werden können. Allerdings stehen solche kaum zur Verfügung. Aber ich möchte schon noch darauf hinweisen, dass es bisher nie ernsthafte Beanstandungen gegeben hat nach der Verwendung von Bewässerungswasser aus Fliessgewässern.
Wie gross ist das Risiko, dass mit Gebinden Keime und Bakterien verschleppt werden?
Grundsätzlich muss jeder Gemüseproduzent dafür sorgen, dass die Gebinde sauber sind. Die Ifco kommen ja gereinigt auf die Betriebe und bei den G-Gebinden sind wir selbst dafür verantwortlich, dass sie gereinigt werden. Ich denke, dass die Branche das gut im Griff hat. Es gibt keine verantwortungsbewussten Betriebsleiter, die Gemüse in schmutzigen Kisten ausliefern. Selbst Direktvermarkter wissen, dass Kisten, die sich in einem internen Kreislauf befinden, regelmässig gereinigt werden müssen.
Haben Sie ein Beispiel, wo die Einhaltung der Hygienevorschriften für Gemüseproduzenten besonders herausfordernd ist?
Für kleinere und mittlere Betriebe ist die räumliche Abtrennung der Dünger- und Gemüselagerung manchmal ein Problem. Mit einer Plastiktrennwand lässt sich dieses aber pragmatisch lösen.
Was halten Sie von alternativen Hygienemassnahmen, wie beispielsweise der Wasserreinigung mit Silber oder UV-Strahlen?
Auf unserem Betrieb behandeln wir das Hors-sol-Wasser mit UV-Strahlen. Analyse-resultate zeigen, dass es nur noch zwanzig Prozent Bakterien enthält im Vergleich zu sechzig Prozent in unbehandeltem Wasser. Bei mir funktioniert es also. Die UV-Lösung war zudem viel günstiger als die aufwändigere Reinigung mit einem Sandfilter. Bei den anderen alternativen Methoden kenne ich mich nur wenig aus. Ich weiss aber von Gemüseproduzenten, bei denen diese funktionieren.
Die Hygienevorschriften werden bei der Gemüseproduktion dauernd verschärft. Was denken Sie darüber?
Wenn ich die Hygienevorschriften von vor zwanzig Jahren mit heute vergleiche, dann hat sich das schon sehr stark gewandelt. Ich stelle einfach mit Erstaunen fest, dass die Leute trotzdem immer anfälliger auf Krankheiten werden. Aber natürlich können wir uns nicht gegen die Anforderungen des Marktes wehren.
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